Jeder gegen jeden

Mit der neu geschaffenen Nations League hat die UEFA eine neue Einahmequelle generiert - und führt damit den Kampf ums Geld im Fußball fort

Seine Glaubwürdigkeit hat der Fußball längst verspielt. Insofern wird der 24. Januar 2018 nicht, wie hier und da zu hören war, als gesellschaftlich bedeutender Tag in die Geschichte eingehen. Am Mittwoch wurde in Lausanne die von der Europäischen Fußballunion neu geschaffene Nations League ausgelost. Der Gedanke klingt gut: Von A bis Z, von Albanien bis Zypern - alle Nationalmannschaften der in der UEFA vertretenen Verbände spielen in einer Liga. Ein Anpfiff, die europäische Idee in all den Stadien des Kontinents zu beleben, war es aber nicht. Weil hier der Sport die Fortsetzung der Politik mit dem Mittel des Balles ist - also mehr um Einzelinteressen als für Gemeinsamkeiten gerungen wird. Und, wie kann es anders nicht sein, das Geld der alles entscheidende Grund war.

Kurz zum komplizierten Modus. Die Nations League wird alle zwei Jahre nach den großen Turnieren, WM oder EM, gespielt. Es gibt vier Ligen, die nach Leistungsklassen sortiert und noch mal in vier Gruppen unterteilt sind. So trifft die deutsche Nationalelf in der Gruppe 1 der Liga A auf Frankreich und die Niederlande. In Liga D spielen beispielsweise in Gruppe 4 Mazedonien, Armenien, Liechtenstein und Gibraltar gegeneinander. Der erste Spieltag ist der 6. September 2018, am 20. November endet die Gruppenphase - mit Auf- und Abstieg. Die vier Gruppensieger der Liga A spielen dann im Juni 2019 um den Titel. Im März 2020 treten alle Gruppensieger, also 16, in Playoff-Duellen um vier Startplätze für die Europameisterschaft 2020 an. Für diejenigen Teams, die sich schon in der regulären EM-Qualifikation ihren Startplatz gesichert haben, rücken die nächst bestplatzierten aus den Gruppen nach.

Die Idee zur Nations League hatte der wegen Korruption gesperrte ehemalige UEFA-Chef Michel Platini. Deren Einführung wurde im März 2014 auf dem UEFA-Kongress beschlossen. Der Deutsche Fußball-Bund war damals dagegen. Nun sagt DFB-Präsident Reinhard Grindel: »Es ist eine Riesensache für die kleineren und mittleren Verbände.« Und: »Ein großer Verband muss auch Solidarität zeigen.« Diese plötzliche Großzügigkeit rührt hauptsächlich daher, dass der DFB immer noch um die Austragung der EM 2024 kämpft. Da widerspricht man der UEFA lieber nicht.

Der DFB ist auf Linie gebracht. Die Fußballvereine ganz und gar nicht. »Keiner braucht die Nations League«, findet Bayern Münchens Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge. Beim Bundesligakonkurrenten Borussia Dortmund sieht man es genau so. »Wir haben genug Wettbewerbe«, meint BVB-Boss Hans-Joachim Watzke. Deren entscheidendes Argument ist widerlegt. Denn es gibt durch die Nations League keine zusätzliche Spiele, also keine Mehrbelastung der teuren Profis, weil die bislang ausgetragenen Freundschaftsspiele der Nationalmannschaften dafür wegfallen.

Kritik und Ablehnung der Klubs bleiben dennoch heftig und hartnäckig. Weil - man mag es angesichts astronomischer Ablösesummen und stetig steigender Gehälter kaum glauben - das Geld auch im Fußball begrenzt ist. Und wenn es um die Verteilung geht, kämpft jeder gegen jeden. Die UEFA versichert auf ihrer Internetseite, dass der »finanzielle Aspekt bei diesem Wettbewerb nicht im Vordergrund« stehe, es gehe darum, »den Stellenwert des Nationalmannschaftsfußballs zu verbessern.« Beides läuft aufs Gleiche hinaus. Durch die Zentralvermarktung der Nations League generiert die UEFA bis 2022 zusätzlich rund zwei Milliarden Euro. Von deren Ausschüttung profitieren tatsächlich die kleineren Landesverbände ein wenig. Darauf sind nicht nur die Topvereine neidisch, sondern auch der Weltverband FIFA. Schon jetzt wird beiderseitig eifrig an der Idee einer Global Nations League gearbeitet - und damit der gegenseitige Kampf ums Geld weitergeführt.

Der Mittwoch in Lausanne wird den Fußball nicht gerechter machen, die Welt erst recht nicht. Der Tag in Straßburg schon eher: Dort stimmte der Europarat einer Resolution zu, die vorsieht, Verbände wie FIFA und UEFA unter externe Kontrolle zu stellen.

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