Hessen-Wahl: Wohnungsnot wird Thema
Lage im Rhein-Main-Gebiet ist besonders angespannt
Wohnungsnot im Rhein-Main-Ballungsgebiet - rund um die Bankenmetropole Frankfurt wird es für Normal- und Geringverdiener immer schwieriger, eine erschwingliche Unterkunft zu finden. Das Problem wird im Wahlkampf vor der Landtagswahl am 28. Oktober eine zentrale Rolle spielen. Die schwarz-grüne Regierungskoalition in Wiesbaden kommt deshalb nicht umhin, die Wohnungsfrage aufzugreifen und Abhilfe zu versprechen.
Dieser Tage forderte Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU) die Kommunen auf, mehr Wohnungen zu bauen. Und in der am Donnerstag zu Ende gegangenen Plenarwoche des Hessischen Landtags liefen sich die Wahlkämpfer schon einmal für die öffentlichen Debatten warm. Den Anstoß bildete ein Antrag der oppositionellen SPD, in dem sich die Partei für mehr Bauland, Stärkung des sozialen Wohnungsbaus und Maßnahmen gegen spekulativen Leerstand aussprach. Die nach fast zwei Jahrzehnten in der Opposition um eine Rückkehr in die Regierung kämpfende SPD war offensichtlich durch neue Zahlen aufgeschreckt worden, die den Ernst der Lage verdeutlichen.
So hatte der Verband der Südwestdeutschen Wohnungswirtschaft dieser Tage festgestellt, dass der Wohnungsbau in Hessen »den Rückwärtsgang einlegt«. Obwohl der Neubaubedarf jährlich bei 37 000 liege, seien landesweit 2016 lediglich rund 20 000 neue Wohnungen gebaut worden. Im dritten Quartal 2017 sei die Zahl der Baugenehmigungen im Vorjahresvergleich um 5,1 Prozent gesunken, so der Verband.
Die Lage ist im Rhein-Main-Ballungsgebiet besonders angespannt. So ermittelte die Hans-Böckler-Stiftung, dass immer mehr Haushalte über 30 Prozent ihres Einkommens allein für die Kaltmiete ausgeben müssten. Besonders hoch liege diese Schwelle in Wiesbaden (45,8 Prozent), Offenbach (45,6), Frankfurt am Main (42,1) und Darmstadt (38,6). »Menschen mit niedrigem und mittlerem Einkommen, Familien und Studierende werden aus den Innenstädten verdrängt, weil sie sich Mieten über der Hälfte des Monatseinkommens nicht mehr leisten können«, beklagt Linksfraktionschefin Janine Wissler.
Wissler hat als Kandidatin bei der Frankfurter OB-Wahl Ende Februar das Motto »Keine Rendite mit der Miete« in den Mittelpunkt gerückt und diskutierte jüngst vor vollem Haus mit dem Berliner Stadtsoziologen und Ex-Staatssekretär Andrej Holm über Strategien für bezahlbaren Wohnraum. Der überhitzte Wohnungsmarkt werde von teilweise internationalen Spekulanten dominiert, die auf die Wertsteigerung der Immobilien hofften, so Wissler.
Auch die Hessen-SPD kritisiert, dass die Anzahl der Sozialwohnungen landesweit seit der CDU-Regierungsübernahme 1999 von 178 000 auf 93 000 im Jahr 2016 gesunken ist. Der Missstand ist aber nicht allein von der CDU zu verantworten. Schließlich besetzte die SPD von 1998 bis 2009 die Chefsessel im Bundesbauministerium. So wurde unter dem damaligen SPD-Minister Franz Müntefering 1999 die Privatisierung von Eisenbahnerwohnungen vollzogen, was auch das Rhein-Main-Gebiet betraf. Und auch unter SPD-Oberbürgermeistern verteuert sich kommunaler Wohnraum, wie das Beispiel Wiesbadens zeigt.
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