Investoren wetten auf Naturkatastrophen

Extremwetterereignisse sind das Geschäft der Münchener Rückversicherung - eigentlich

  • Hermannus Pfeiffer
  • Lesedauer: 3 Min.

Wieder ein Gewinnrückgang. Als im vergangenen Jahr Nikolaus von Bomhard nach mehr als einem Jahrzehnt an der Spitze der Münchener Rückversicherung das Amt an seinen Nachfolger übergab, hinterließ er Joachim Wenning ein schweres Erbe. 2017 sank nun der Gewinn zum vierten Mal - auf lediglich 375 Millionen Euro, gab der neue Chef am Dienstag auf der Jahrespressekonferenz in München bekannt. Vor fünf Jahren hatte das Konzernergebnis noch 3,3 Milliarden Euro betragen.

Die Lage des weltgrößten Rückversicherers Munich Re wird noch schwieriger. Die 2016 eingeleitete Sanierung der verlustreichen Tochtergesellschaft Ergo sei auf einem »guten Wege«, hört man zwar immer wieder aus der Düsseldorfer Ergo-Zentrale. Doch kürzlich produzierte die Nummer zwei unter den Lebensversicherern wieder einmal negative Schlagzeilen, als der Vorstand mit dem Verkauf Hunderttausender Altverträge liebäugelte.

Zudem will die florierende Indus-trie in der Rückversicherung immer größere Selbstbehalte - was ebenfalls die Gewinne der Münchner belastet. Das zurückliegende Geschäftsjahr wurde den Münchnern aber vor allem von der Natur verhagelt: 2017 war das teuerste Katastrophenjahr aller Zeiten: Waldbrände, Überschwemmungen und Stürme kosteten die Versicherer so viel Geld wie nie zuvor.

Die Munich-Re-Klimaexperten zeichnen seit 1980 Naturkatastrophen auf. Und es zeigt sich ein klarer Trend: »In den letzten Jahrzehnten haben die wetterbedingten Extremereignisse deutlich zugenommen.« Allein in den vergangenen 13 Jahren gab es drei Jahre mit versicherten Schäden von über 100 Milliarden Dollar (etwa 90 Milliarden Euro). Davor lag der höchste Schaden bei 50 Milliarden Dollar. Auch die Zukunft werde nicht besser.

Die Höhe der Schäden ist allerdings auch Menschenwerk. Vor allem die Konzentration von Bevölkerung und Werten in immer größeren Städten nennen die Münchner Experten. Die Mega-Metropolen und ihre teure Infrastruktur liegen zudem häufig in geologisch hochriskanten Gebieten, etwa in Erdbebenzonen wie San Francisco.

Die Absicherung gegen Naturkatastrophen steht für ein Viertel des gesamten Geschäfts der Munich Re. Doch nicht jedes Risiko will man selber tragen. Seit dem Tsunami in Japan 2011 steigen Kapitalgeber immer stärker ein und investieren in sogenannte Katastrophenanleihen. Dafür bündeln Rückversicherer finanzielle Risiken von Erdbeben, Wirbelstürmen und Tsunamis in Wertpapieren. Für solche »Catbonds« zahlen sie eine hohe Rendite. Im Gegenzug versprechen Investoren, ab einer bestimmten Schadenhöhe oder der messbaren Stärke eines Naturereignisses mit Teilen ihrer Geldanlage oder ihrem gesamten Investment geradezustehen.

Die tropischen Wirbelstürme in Nordamerika sowie eine Reihe schwerer Erdbeben in Mexiko führten 2017 zu erheblichen Kursverlusten an den Börsen für Katastrophenanleihen und sogar zum Ausfall einiger Papiere, die Investoren verloren ihr eingesetztes Geld. »Mit einem Verlust von insgesamt minus 6,5 Prozent stellte der September 2017 den historisch schlechtesten Monat der Marktgeschichte dar«, meldet das Beratungsunternehmen Absolut Research in Hamburg.

Das hielt die Finanzinvestoren auf der Suche nach hohen Renditen in Zeiten niedriger Zinssätze nicht davon ab, wie noch nie Katastrophenanleihen zu kaufen: 2017 wurden laut der schweizerischen Großbank Credit Suisse 11,3 Milliarden Dollar frisch in Catbonds investiert. Das ist ein Rekord. Der Gesamtbestand stieg nach Angaben des US-Versicherungsmaklers Aon auf die neue Höchstmarke von 82,2 Milliarden Dollar. Im Jahr der japanischen Tsunami-Katastrophe waren es gerade mal zwölf Milliarden gewesen.

Jeder vierte »Catbond« wird schätzungsweise in dem weitverzweigten Konzern der Münchener Rück entwickelt. Ob dieser graue, kaum regulierte Kapitalmarkt die Stabilität der Finanzmärkte gefährdet, ist unter Fachleuten umstritten. Versicherungskonzerne lagern durch »Catbonds« Risiken in die Kapitalmärkte aus. Dort dringen neue Wettbewerber wie Pensionsfonds oder Hedgefonds in das angestammte Versicherungsgeschäft ein. Dadurch schrumpfen am Ende die Gewinnmargen, auch die der Münchener Rück.

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