BGH-Urteile stärken Verbraucherrechte
Hohe Energienachzahlungen nicht immer berechtigt
Karlsruhe. Der Bundesgerichtshof (BGH) hat in zwei Urteilen die Rechte von Mietern und Wohnungseigentümern bei ungewöhnlich hohen Energierechnungen gestärkt. In einem Fall aus Hessen ging es am Mittwoch in Karlsruhe um Heizkosten, in einem Fall aus Niedersachsen um die Stromrechnung.
Mieter aus Südhessen sollten laut Abrechnung fast die Hälfte der Heizenergie des ganzen Hauses verbraucht haben, obwohl ihr Anteil an der Wohnfläche weniger als 13 Prozent beträgt. Die Nachforderung für zwei Jahre betrug über 5000 Euro. Die Mieter verweigerten die Zahlung und unterlagen in den Vorinstanzen. Sie hatten keinen Erfolg mit ihrer Forderung, Ableseunterlagen anderer Mieter einsehen zu dürfen.
Die BGH-Richterin sagte, bei der Behandlung des Falles durch das Landgericht sei alles schiefgegangen, was schiefgehen konnte. Der für Mietrecht zuständige Senat stellte klar, dass die Darlegungs- und Beweislast beim Vermieter liege und er dem Mieter Einsicht in alle Unterlagen gewähren müsse. Der BGH hob das Landgerichtsurteil auf und wies die Klage als unbegründet ab.
Beim zweiten Fall hatte der Oldenburger Energiekonzern EWE einem älteren Ehepaar für den Stromverbrauch eines Jahres über 9000 Euro in Rechnung gestellt, etwa das Zehnfache der Vorjahreswerte. Die Kunden behaupteten, sie hätten nicht so viel verbraucht und fast 32 000 Kilowattstunden auch gar nicht verbrauchen können. EWE hielt dagegen, der Zähler sei von einem Gutachter überprüft worden. Das Oberlandesgericht (OLG) hatte den Kunden Recht gegeben.
Dem BGH-Urteil zufolge besteht »die ernsthafte Möglichkeit eines offensichtlichen Fehlers«, der nach Paragraf 17 der Stromgrundversorgungsverordnung zur Zahlungsverweigerung berechtige. Der Versorger müsse den tatsächlichen Bezug der in Rechnung gestellten Menge beweisen. Im bisherigen Verfahren seien aber keine Beweisanträge gestellt worden. dpa/nd
Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.
Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.
Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.
Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.