König der Kombinierer trägt die Fahne
Eric Frenzel führt deutsches Olympiateam zur Eröffnung der Winterspiele an
Ein wenig schüchtern ist er, ziemlich still und mit seiner schmalen Statur leicht zu übersehen: Eric Frenzel wirkt auf den ersten Blick nicht wie der Superstar einer ganzen Sportart. Ohne seine rote Deutschlandjacke, in der er am späten Mittwochabend endlich an Bord des Lufthansafliegers LH718 steigen konnte, wäre der Nordische Kombinierer wohl nur von den wenigsten Passagieren erkannt worden. Das wird sich jetzt endgültig ändern.
Frenzel, mit 29 Jahren schon Olympiasieger, fünfmaliger Weltmeister und fünfmaliger Gewinner des Gesamtweltcups, wird die deutsche Mannschaft am Freitagabend als Fahnenträger ins Olympiastadion von Pyeongchang führen. Er war eine kluge Wahl - der Sachse zählt schon heute zu den Größten seiner Zunft und genießt bei allen Athleten im Team Deutschland höchsten Respekt.
Dabei begann Frenzels Karriere mit einer ganz anderen, kleinen und so nicht eingeplanten Überraschung. 18 Jahre alt war Frenzel, als er Vater wurde, seine heutige Ehefrau Laura sogar erst 16. Kennengelernt hatten sich beide im Sportgymnasium in Oberwiesenthal. »Man wächst mit solchen Einschnitten«, sagt Frenzel heute: »Die Familie ist mein Rückhalt. Ein Kind freut sich immer, wenn man nach Hause kommt, egal, wie gut man war.« Daheim in Flossenbürg warten inzwischen Sohnemann Leopold und Tochter Emma auf ihn.
Parallel zur Familie wuchsen auch die Erfolge des bescheidenen, immer freundlichen Frenzel. 42 Weltcupsiege hat der Mann mit dem Spitznamen »Effe« inzwischen auf dem Konto, nur der Finne Hannu Manninen hat mehr (48). Die fünf Kristallkugeln, die er seit 2013 in Folge geholt hat, sind schon jetzt Rekord. Möglicherweise einer für die Ewigkeit.
Spuren hinterlassen hat Eric Frenzel genug, von seinen vielen Medaillen ganz abgesehen. In Oberwiesenthal gibt es den Eric-Frenzel-Wanderweg, er ist Ehrenbürger. In Geyer stehen die Eric-Frenzel-Schanzen, 2014 wurde er Champion des Jahres und Träger des Silbernen Lorbeerblatts. Die Wahl zum Fahnenträger, die vielleicht größte Ehre, die ihm abseits von Schanze und Loipe zuteil wurde, wird seinen Bekanntheitsgrad über die Grenzen seiner Sportart hinaus steigern.
Nur Deutschlands Sportler des Jahres wurde Frenzel bislang nie. Der König der Kombinierer macht kein Geheimnis daraus, dass ihn das ein wenig wurmt. Zumal 2017 endlich wieder ein Kombinierer den begehrten Titel holte, dieser aber Johannes Rydzek hieß. Vielleicht ist Frenzel ja 2018 an der Reihe, auch wenn die Form in diesem Winter bislang noch nicht stimmt. Aber bei Saisonhöhepunkten war Frenzel immer zur Stelle. Warum also nicht auch in Pyeongchang? SID/nd
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