Apple-Kritiker vor Gericht

Apple-Konzern verklagt globalisierungskritisches Netzwerk Attac France

  • Ralf Klingsieck, Paris
  • Lesedauer: 4 Min.

Der Technikkonzern Apple, der nicht nur in Frankreich trickreich »vermeidet«, Millionen an Steuern zu zahlen, hat die globalisierungskritische Organisation Attac France verklagt. Verhandelt wurde am Montag über den Vorwurf des Hausfriedensbruchs und die Gefährdung von Personen. Attac sieht im Prozess den Versuch, Konzernkritiker mundtot zu machen. »Das ist eindeutig ein Maulkorbmanöver, um uns daran zu hindern, öffentlich gegen Steuerflucht zu demonstrieren«, sagte Dominique Plihon, emeritierter Wirtschaftsprofessor und Sprecher von Attac France am Rande einer Demonstration vor dem Pariser Justizpalast, die zeitgleich zur Verhandlung am Tribunal de Grande Instance stattfand.

Bei dem für einstweilige Verfügungen üblichen Eilverfahren, das nur wenige Minuten dauerte, begründete zunächst der Apple-Anwalt den Antrag seines Mandanten, dann bekam die angeklagte Organisation die Gelegenheit zur Gegendarstellung. Dabei betonte der Anwalt von Attac, dass Apple bisher einen stichhaltigen Beweis für Sachbeschädigungen schuldig geblieben sei. Der Richter nahm beide Erklärungen zu den Akten und setzte die Urteilsverkündung für den 23. Februar an.

Die Organisation Attac, die dieses Jahr ihr 20-jähriges Bestehen feiert, hatte sich bei der Gründung 1998 zum Ziel gesetzt, die Machenschaften der Finanzwelt aufzudecken. Im Visier waren von Anfang an die Versuche von Konzernen und Banken, mittels spezialisierter Anwälte und Finanzexperten Gesetzeslücken zu finden und auszunutzen, um durch »Steueroptimierung« kaum Steuern zahlen zu müssen. Um die Öffentlichkeit darüber zu informieren und so auf die verantwortlichen Politiker Druck auszuüben, damit sie der Steuerflucht konsequenter einen Riegel vorschieben, veröffentlicht die Organisation nicht nur die Ergebnisse ihrer Untersuchungen, sondern organisiert auch medienwirksame Aktionen.

So demonstrierten Anfang Dezember Attac-Mitglieder mit Transparenten mit der Aufschrift »Apple muss endlich seine Steuern zahlen« vor und in mehr als 30 Apple Stores in ganz Frankreich. Eine dieser Demonstrationen, die am 2. Dezember nahe der Pariser Oper stattfand, hat der Konzern nun zum Anlass genommen, die Organisation zu verklagen. Apple will erreichen, dass es Attac per einstweiliger Verfügung für drei Jahre verboten wird, seine Läden zu betreten. Für jede Zuwiderhandlung soll angedroht werden, dass Attac 150 000 Euro Schadenersatz an Apple zu zahlen hat. Nach Berichten der Organisation haben bei der Aktion »Globalisierungskritiker die Schaufenster mit abwaschbarer Farbe bemalt, zur Musik einer Blaskapelle Polonaise getanzt und Plakate hochgehalten«. Einige hätten sich im Ladeninnern an ein Geländer angekettet und hätten ein Banner mit der Ankündigung »Wir werden aufhören, wenn Apple zahlt« hochgehalten. Weder seien Menschen zu Schaden gekommen, noch habe es Sachbeschädigungen gegeben.

Aus Sicht von Apple stellte sich das Geschehen ganz anders dar. »An diesem Tag sind rund 70 Attac-Aktivisten brutal in den Laden eingedrungen, der voller Kunden war, die ihre Weihnachtseinkäufe tätigen wollten«, heißt es in der Begründung der Klage. »Wir mussten den Laden evakuieren und für mehrere Stunden schließen. Diesen wie andere unserer Läden haben die Attac-Demonstranten völlig verwüstet hinterlassen.«

Dazu sagt Attac-Sprecher Dominique Plihon: »Unsere Aktionen sind grundsätzlich gewaltlos, finden meist in einer lockeren Atmosphäre statt und unsere Anhänger vermummen sich nicht, sondern bekennen sich zu dem was sie tun.« Angesichts der bescheidenen materiellen Basis von Attac vermutet Plihon, dass die Organisation durch die Androhung von ruinösen Geldstrafen de facto handlungsunfähig gemacht werden soll.

Die Manager des Apple-Konzerns weisen das als »Unterstellung« zurück. »Wir erkennen durchaus das Recht der Organisation an, ihre Meinung zum Ausdruck zu bringen«, verlautbart offiziell die Pariser Firmenzentrale. »Aber ihre Aktionen dürfen nicht die Sicherheit unserer Kunden und Mitarbeiter gefährden. Uns bleibt keine andere Wahl, als uns an die Polizei und die Gerichte zu wenden.«

Tatsächlich jedoch ist Apple offensichtlich in höchstem Grade über den eigenen Imageverlust aufgrund der Aktionen besorgt, die viel Aufmerksamkeit und Zustimmung finden. So hat Attac im vergangenen Herbst die Lancierung des neuen Apple-Handys iPhone X zum Anlass genommen, um einen Bericht mit dem Titel »Apple und sein weltweiter Hold-Up« zu veröffentlichen. Hierin wird nachgewiesen, dass der Konzern seine finanzielle Macht vor allem der generalstabsmäßig organisierten Steuerflucht verdankt. Als Resümee forderte Attac den Konzern auf, endlich - wie auch von der EU-Kommission gefordert - die unrechtmäßig »eingesparten« Steuern in Höhe von 13 Milliarden Euro an die irische Regierung zu überweisen. Nachdem nichts passierte, seien Aktionen beschlossen worden.

Apple ist nach Angaben des Attac-Sprechers übrigens nicht der einzige Konzern, der die Organisation verklagt hat. Auch die französischen Bank BNP Paribas will gerichtlich gegen die öffentlichen Vorwürfe der Steueroptimierung und Steuerflucht vorgehen.

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