Deutscher Doppelsieg im tückischen Eiskanal

Rodlerin Natalie Geisenberger holt ihr drittes Gold bei Olympia vor Teamkollegin Dajana Eitberger. Tatjana Hüfner wird Vierte

  • Thomas Weitekamp, Pyeongchang
  • Lesedauer: 3 Min.

Bei Natalie Geisenberger lief alles glatt. Traumwandlerisch sicher steuerte sie ihren Schlitten durch den tückischen Eiskanal im Alpensia Sliding Centre, passierte auch die mittlerweile berüchtigte Kurve 9 ohne Wackler, und als sie im Ziel war, durfte sie sich für ihr zweiten Einzelgold und drittes insgesamt als erfolgreichste Rodlerin der Geschichte feiern lassen.

»Ich kann’s überhaupt nicht glauben. Es war so ein schwieriges Rennen, aber dass es dann so aufgegangen ist, viermal die Kurve 9 getroffen. Jetzt habe ich noch eine olympische Goldmedaille, was gibt’s Geileres?«, sagte Geisenberger. Die Freude bei der deutschen Mannschaft nahezu perfekt machte Dajana Eitberger mit der Silbermedaille. Trost allerdings brauchte Weltmeisterin Tatjana Hüfner, der als Vierter nur »Blech« blieb.

Zu den ersten Gratulanten der 30 Jahre alten Olympiasiegerin gehörte nach dem glücklichen Bundestrainer Norbert Loch dessen Sohn Felix, der zwei Tage zuvor seine souveräne Führung nach dem dritten Lauf und damit Gold hergeschenkt hatte - durch einen Fehler in Kurve 9. Unmittelbar danach tröstete Felix Loch die niedergeschlagene Hüfner, die nach einer fehlerhaften Fahrt vom zweiten auf den vierten Platz zurückfiel, 0,069 Sekunden hinter der jubelnden Alex Gough, der zweimaligen WM-Dritten aus Kanada auf dem Bronzerang.

Für Hüfner war es ein trauriger Abschied bei ihren letzten Winterspielen. Ihr Karriereende hat die 34-Jährige noch nicht verkündet, von der ganz großen Bühne wird sie aber dennoch mit einem kompletten Medaillensatz abtreten: mit Bronze 2006, Gold 2010 und Silber hinter Geisenberger 2014. Ohne Hüfners Patzer wäre den deutschen Rodlerinnen dank der starken Eitberger ein Dreifachsieg bei Olympia gelungen, zuletzt eingefahren 2006 durch Sylke Otto, Silke Kraushaar und Hüfner. »Ich bin einfach nur glücklich«, sagte Eitberger.

Noch am Montag hatte Geisenberger sich nach den ersten beiden Läufen mit einer klaren Ankündigung in die Nacht verabschiedet: In den entscheidenden Durchgängen werde Sicherheit das erste Gebot sein. Zu sehr hatte sie noch den Patzer von Felix Loch vor Augen. »Ein Bahnrekord«, sagte Geisenberger, »bringt mir hier gar nichts.« Dann legte sie im dritten Durchgang aber gleich mal die mit Abstand schnellste Laufzeit aufs Eis und baute ihren Vorsprung auf mehr als drei Zehntel aus. Am Ende lag sie 0,367 Sekunden vor Eitberger.

Während die frühere deutsche Juniorenweltmeisterin Aileen Frisch, die vor einem Jahr Südkoreas Staatsbürgerschaft angenommen hatte, um sich den Traum von Olympia zu erfüllen, vom Publikum für Rang acht gefeiert wurde, sorgte die Amerikanerin Emily Sweeney für Entsetzen: Vor der Kurve 9 verlor sie die Kontrolle über ihren Schlitten, krachte mit beiden Beinen voraus in der Kurve 10 oben in die Bande, ehe sie zum Stehen kam. Nach minutenlanger Behandlung neben der Bahn konnte sie langsam, aber immerhin auf eigenen Beinen ins Zielgelände laufen. Sie wurde ins Krankenhaus gebracht.

Der Wettkampf war so etwas wie der Abschluss des großen Duells zwischen Geisenberger und Hüfner, welches das Frauenrodeln lange prägte. Hüfner war nach ihrem Olympiasieg 2010 allmählich von der vier Jahre jüngeren Geisenberger überholt worden. In dieser Zeit wurde das Verhältnis der beiden zudem von Hüfners Gefühl der Ungleichbehandlung durch den Verband belastet. Dies war in Sotschi auch öffentlich ein großes Thema, mittlerweile sind diese Probleme aber ausgeräumt. SID/nd

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