Öko im Umsatzrausch

Branche präsentiert sich auf der Biofach-Messe in Nürnberg mit guten Zahlen und einem steigenden Anteil an der landwirtschaftlichen Fläche

  • Haidy Damm
  • Lesedauer: 3 Min.

Der Trend zum Kauf von Bioprodukten geht in Deutschland weiter. 2017 habe der Umsatz erstmals die Zehn-Milliarden-Euro-Grenze übersprungen, berichtete der Bund Ökologischer Landwirtschaft (BÖLW) am Mittwoch zum Auftakt der Naturkostmesse Biofach. Das sind 5,9 Prozent mehr als 2016. »Ich gehe davon aus, dass wir auch 2018 weiter wachsen«, sagte der BÖLW-Vorsitzende, Felix Prinz von Löwenstein in Nürnberg.

Das zeigt sich laut Verband auch an der konstanten Zahl der Betriebe, die auf ökologischen Landwirtschaft umstellen. »Bio bietet für immer mehr Landwirte eine wichtige Perspektive«, sagte BÖLW-Geschäftsführer Peter Röhrig. 2017 hätten 2042 Betriebe umgestellt, die heimische Ökofläche legte um zehn Prozent auf rund 1,4 Millionen Hektar zu. Das sind 8,2 Prozent der gesamten Landwirtschaftsfläche. 20 Prozent sollen es bis 2030 werden, so hat es die geplante Große Koalition in ihrem Koalitionsvertrag festgelegt und damit erstmals ein konkretes Datum genannt.

Besonders Tierprodukte werden immer häufiger aus ökologischer Landwirtschaft gekauft: Milchprodukte, Eier, Fleisch. So lieferten Biobauern 2017 insgesamt 15,5 Prozent mehr Biomilch an die Molkereien, ihr Anteil an der gesamten Milchlieferung liegt allerdings insgesamt weiter niedrig bei drei Prozent. Die Branche geht aber davon aus, dass die Milchmenge weiter steigt. Die Erzeugerpreise lagen 2017 wieder höher, durchschnittlich bei 48,7 Cent pro Kilogramm, das war rund ein Cent pro Kilogramm mehr als 2016. Da der Milchpreis insgesamt kurzzeitig wieder gestiegen ist, lag der Preisabstand zu konventionell erzeugter Milch zeitweise nur noch bei 20 Cent pro Kilogramm. Aktuell fallen die Preise wieder, so dass sich der Abstand wieder erhöhen könnte.

Auch in der Tierproduktion unterlagen die Erzeuger nicht den heftigen Schwankungen des konventionellen Marktes, da sie überwiegend mittelfristige Verträge haben und regional verkaufen. Besonders beliebt bei den Kunden sind Rind- und Schaffleisch.

Deutlich zugenommen haben auch wie schon in den Vorjahren die Legehennen- und Masthähnchenbestände. Beim Geflügelfleisch liegt der Anteil nach wie vor bei nur einem Prozent, der Bioanteil bei der Eierproduktion jedoch liegt inzwischen bei 10,5 Prozent.

»Bio ist längst kein Nischenprodukt mehr«, erklärte auch Agrarminister Christian Schmidt gegenüber der Deutschen Presse-Agentur anlässlich der Messe in Nürnberg. Der CSU-Politiker setzt auf weiteres Wachstum - denn auch immer mehr Supermärkte und Discounter erhöhen ihre Anteile an Bioprodukten in den Regalen.

So stiegen die Umsätze im Lebensmitteleinzelhandel mit 8,8 Prozent überdurchschnittlich stark auf einen Umsatz von 5,93 Milliarden Euro an. Der Einzelhandel liegt damit bei einem Anteil am Biomarkt von 59 Prozent. Im Vergleich dazu konnten die Bioläden ihre Umsätze nur um um 2,2 Prozent auf 2,91 Milliarden Euro steigern und liegen damit bei einem Marktanteil von 29 Prozent.

Für die Betriebe ist diese Entwicklung nicht nur positiv. Der auf vielen Biolandwirten lastende Druck, immer größer zu werden und immer wirtschaftlicher zu produzieren, hängt nach Einschätzung von Branchenexperten auch mit der wachsenden Bionachfrage von Supermärkten zusammen. Auch wenn Biohöfe nach wie vor viel für die Umwelt leisten, das romantische Bild vom kleinen Hof stimmt nur noch teilweise. Da, wo der Anteil am Markt wächst wie in der Eierproduktion, wachsen auch die Betriebe. So ist bei Legehennen nach der kürzlich verabschiedeten EU-Ökoverordnung ein Bestand von 3000 Hühnern pro Stall erlaubt, allerdings darf ein einzelner Betrieb mehrere Ställe in dieser Größe halten. Betriebe mit mehr als 30.000 Legehennen haben der Branche einige Kritik eingebracht.

Gerade angesichts der hohen Erwartungshaltung der Kunden und der eigenen Ansprüche an eine Lebensmittelproduktion, die - so heißt es im Branchenbericht - »an den Belastungsgrenzen unseres Planeten ausrichtet sein soll«, kann das Image schnell brüchig werden. Auch deswegen muss sich die Branche immer wieder selbst hinterfragen.

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