»Herrenlose Wälder« durch Erbschaften
Düsseldorf. Kleine Waldflächen, um die sich niemand mehr kümmert: Mit einer Initiative für die gemeinschaftliche Bewirtschaftung von Wäldern machen Förster in Nordrhein-Westfalen schon seit Jahren mobil gegen vernachlässigte Baumbestände. Trotzdem fürchten sie, dass die Fläche der »herrenlosen Wälder« in NRW schon bald größer werden könnte. Denn das Bundeskartellamt geht gegen die gemeinsame Holzvermarktung vor. Dadurch könnten viele kleine Waldbesitzer auch in NRW bereits ab dem kommenden Jahr vor dem Problem stehen, ihr Holz selbst verkaufen zu müssen.
»Für den Kleinstprivatbesitzer wird das schwierig, wenn da sein Holz am Weg liegt«, meint etwa der Sprecher der NRW-Forstwirtschaft, Stefan Befeld. Ohne die gemeinsame Vermarktung sei zu befürchten, dass immer mehr Waldbesitzer die Bewirtschaftung ihrer Parzelle aufgeben könnten. Je nach Zustand und Größe des Waldes könne ein derartiger Besitz auch heute schon zum Minusgeschäft werden, meint Befeld.
39 Prozent der rund 152 000 privaten Waldbesitzer in Nordrhein-Westfalen besitzen den Zahlen des Landesbetriebes Wald und Holz NRW zufolge nur eine Parzelle von weniger als 20 Hektar. Nicht bekannt ist, wie hoch der Anteil der nicht mehr bewirtschafteten Waldgebiete ist. Nur 55 Prozent des Waldes in Nordrhein-Westfalen werden von Zusammenschlüssen bewirtschaftet.
»Problematisch dabei sind vor allem die ganz kleinen Flächen, die versteckt liegen«, sagt Befeld. »Wenn da ein Baum gefällt wird, fällt er oft schon auf das Nachbargrundstück.«
Grund für die Entwicklung sind unter anderem die Erbschaften, die zu einer immer weiteren Aufteilung der Waldgrundstücke führten. Viele der Waldbesitzer lebten längst in Großstädten wie Köln oder Düsseldorf und manche wüssten gar nichts mehr von ihrem Besitz, sagt Heidrun Buß-Schöne vom nordrhein-westfälischen Waldbauernverband.
64 Prozent des Waldes in Nordrhein-Westfalen sind in privater Hand. Damit ist dieser Anteil so hoch wie in keinem anderen Bundesland. Der Gemeinde- und Körperschaftswald umfasst etwa 20 Prozent, der Staatswald des Landes Nordrhein-Westfalen rund 13 Prozent. Rund drei Prozent sind Bundeswald.
Mit 915 000 Hektar ist mehr als ein Viertel (26,9 Prozent) der Landesfläche Nordrhein-Westfalens bewachsen, die Waldfläche pro Einwohner beträgt rund 508 Quadratmeter. Je 16 Prozent der Fläche sind mit Buchen beziehungsweise Eichen bewachsen, 20 Prozent mit anderem Laubholz. Auf 37 Prozent der Fläche stehen Fichten.
Der Wald spielt auch eine wichtige Rolle bei der Versorgung der heimischen Holz- und Sägewerksbetriebe. Was umgekehrt heißt: Durch nicht genutzte Holzreserven in den einheimischen Wäldern steigen die Importe.
Eine Sicherungspflicht für Spaziergänger habe ein Waldbesitzer übrigens nicht, sagt Forstsprecher Befeld. Waldbesucher seien grundsätzlich auf privates Risiko unterwegs. dpa/nd
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