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Goldgrube und Problembär

Der russische Energie- und Mischkonzern Gazprom wird 25 Jahre alt, die kritischen Stimmen werden lauter

  • Nina Jeglinski
  • Lesedauer: 4 Min.

Gazprom ist Russlands wertvollstes Unternehmen und wird an diesem Samstag in seiner jetzigen Form 25 Jahre alt. Der Konzern zählt derzeit etwa 456 000 Mitarbeiter, bestreitet mit seinen Steuerzahlungen zehn Prozent der staatlichen Haushaltseinnahmen und hat geopolitische Bedeutung.

Gazprom wurde ab Ende der 1980er Jahre im Zuge der Peres- troika-Politik von Michail Gorbatschow aus dem Geschäftsbereich Gasförder- und -transportindustrie des Ministeriums für Erdöl- und Gaswirtschaft der Sowjetunion (Mingazprom) aufgebaut. Erster Vorstandschef wurde Viktor Tschernomyrdin. Ihm folgte 1992 Rem Wjachirew. Der kleine, runde Mann galt als der einflussreichste aller »roten Direktoren« auf der wirtschaftspolitischen Bühne Russlands. Der Vorname des 1934 im Dorf Bolschaja Tschernigowka in der heutigen Oblast Samara geborenen Wjachirews setzt sich aus den Anfangsbuchstaben der Worte Revolution, Engels und Marx zusammen. Der Bauernsohn machte Karriere, zunächst als Industriearbeiter, danach folgte eine Ausbildung zum Erdgas-Ingenieur, schließlich brachte er es zum Vizeminister für die Gasindus-trie.

Dann aber setzte Wjachirew im Präsidentschaftswahlkampf des Jahres 2000 auf den falschen Kandidaten. Anstelle des von ihm favorisierten Moskauer Bürgermeisters Juri Luschkow setzte sich Wladimir Putin durch. Ein Jahr später verweigerte Putin Wjachirew die Vertragsverlängerung und setzte seinen Vertrauten Alexej Miller an die Gazprom-Spitze. Der stammt aus Sankt Petersburg und studierte am Wosnessenski-Institut für Finanz- und Wirtschaftswissenschaften. Ab 1991 war er für den Bürgermeister seiner Heimatstadt tätig und enger Mitarbeiter des früheren Vizebürgermeisters und heutigen russischen Präsidenten Putin. Miller, der wegen seiner Schweigsamkeit »sowjetischer Spion« genannt wurde, ist stolz auf seine Leistung. Bei seinem Amtsantritt war Gazprom an der Börse 9,8 Milliarden Dollar wert. 2016 machte Gazprom einen Umsatz von 91,35 Milliarden US-Dollar.

Miller hat aus dem Energieriesen einen Mischkonzern gemacht. Gazprom gehören nicht nur 153 000 Kilometer Pipelines, sondern auch eine eigene Fluglinie, Sanatorien, eine Bank, Plastikfabriken und Medienunternehmen. »Wer in Russland als Journalist etwas werden will, wird einen Teufel tun und Miller oder Gazprom kritisieren«, merkte ein Moskauer Medienmanager bereits 2006 kritisch an.

International geriet Gazprom oft in die Kritik. Dem Kreml wurde vorgeworfen, den Konzern als geopolitische Waffe einzusetzen, um Länder der früheren Sowjetunion unter Druck zu setzen. 2005 und 2009 kam es mit der Ukraine zum Gasstreit. In Kiew hatte sich eine pro-westliche Führung zur EU und vor allem zu den USA bekannt. Moskau drehte Kiew den Gashahn zu, in der Folge froren nicht nur die Osteuropäer, sondern auch Bürger von EU-Staaten.

Trotz wiederholter Warnungen in der EU vor einer zu großen Abhängigkeit von Russlands Gas stiegen die Gazprom-Exporte 2017 auf ein Allzeithoch von 194 Milliarden Kubikmeter. Der Marktanteil des Konzerns in Europa lag bei 35 Prozent. Deutschland gilt als Schlüsselmarkt, über ein Viertel der Lieferungen gehen hierher. Das soll sich noch ausweiten, wenn die Ostseepipeline Nord Stream 2 gebaut ist. Die über 1200 Kilometer lange Leitung soll Erdgas durch die Ostsee nach Deutschland leiten. Das Projekt wird von Gazprom massiv vorangetrieben. An der Finanzierung beteiligt ist die BASF-Tochter Wintershall.

Seit Jahren flankiert Gazprom sein Geschäft in Deutschland mit einem Sponsorenvertrag für den Bundesligisten Schalke 04 und setzt bei der Nord Stream AG auf Altkanzler Gerhard Schröder. Vor allem aus den USA und Polen kommt massive Kritik am Bau der neuen Pipeline. US-Außenminister Rex Tillerson bezeichnete diese als Gefahr für die Energiesicherheit Europas. Das Projekt erhöhe die Abhängigkeit von Russland, warnte auch Polens Regierung. Die USA wollen unterdessen ihre eigenen Flüssiggasexporte in die Länder Mittel- und Osteuropas ausbauen.

Von solchen Angriffen lässt sich Gazprom nicht entmutigen: Finanziell sei der Konzern »weitgehend gesund«, sagt der Moskauer Energieexperte Sergej Afonzew. Zugleich gebe es Verbesserungspotenzial. Hinter vorgehaltener Hand gehen Branchenkenner härter mit Gazprom ins Gericht. Der Konzern verschlafe den Trend zu Flüssiggas (LNG). Es gebe zwar eine Anlage auf der Pazifikinsel Sachalin, aber andere Projekte lägen auf Eis. Der Druck wächst auch von russischer Seite. Die Firma Novatek setzt auf LNG, auch weil Gazprom das Monopol auf Exporte per Pipeline hält. Als Putin die Novatek-Anlage inspizierte, sagte er, die Bemühungen reichten nicht aus. »Russland sollte auf dem LNG-Markt einen gebührenden Platz einnehmen.«

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