Korruption bei Lettlands Zentralbank?
Institutspräsident wurde festgenommen
Riga. Nach seiner Festnahme wird Lettlands Zentralbankchef Ilmars Rimsevics von führenden Politikern des baltischen Euro-Landes zum freiwilligen Rückzug gedrängt. Regierungschef Maris Kucinskis sagte am Montag im lettischen Fernsehen, er könne sich nicht vorstellen, dass Rimsevics angesichts der »sehr ernsten« Vorwürfe wieder an die Spitze des obersten Finanzinstituts zurückkehre. Rimsevics war am Wochenende von der Antikorruptionsbehörde KNAB festgenommen worden. Er soll mindestens 100 000 Euro Bestechungsgeld angenommen haben, wie die KNAB und die Polizei am Montag mitteilten. Zudem werde gegen eine Privatperson ermittelt. Nach Angaben der Ermittler steht der Fall mit keinem in Lettland aktiven Geldinstitut in Verbindung. Ermittler hatten die Privatwohnung und das Büro des Zentralbankchefs durchsucht.
Auch Finanzministerin Dana Reizniece-Ozola, Wirtschaftsminister Arvils Aseradens und Parlamentspräsidentin Inara Murniece brachten Rücktrittsforderungen gegen Rimsevics vor. Nach lettischem Recht kann der für sechs Jahre vom Parlament in Riga ernannte Zentralbankchef nur nach einer Rücktrittserklärung oder bei schweren Verfehlungen vorzeitig abberufen werden. Die Schuld muss rechtskräftig festgestellt werden. Rimsevics steht seit 2001 an der Spitze der Zentralbank. Seit 2014 gehört er auch dem Rat der Europäischen Zentralbank (EZB) an. Die wollte sich am Montag nicht zu den Vorwürfen äußern.
Unterdessen hat die EZB alle Auszahlungen der drittgrößten lettischen Bank ABLV eingefroren. Die USA werfen dem Kreditinstitut Geldwäsche vor und haben Sanktionen verhängt; sie habe Verbindungen zu Nordkorea und dessen illegalem Waffenprogramm. Daraufhin fand sich die ABLV quasi abgeschnitten vom Finanzsystem, nun steht sie vor der Pleite. Die EZB teilte am Montag mit, sie habe die lettische Finanzaufsicht angewiesen, das Moratorium zu verhängen. Es sei »bis auf weiteres« in Kraft. Grund sei eine deutliche Verschlechterung der Finanzposition der ABLV.
Aus Finanzkreisen in Frankfurt am Main verlautete, das Moratorium über die ABLV habe nichts mit der Festnahme Rimsevics zu tun. Agenturen/nd
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