Korruptionsvorwürfe gegen Premier Modi
In Indien beschuldigen sich Regierung und Opposition im Skandal um Kredite für einen Diamantenhändler
Die größte Demokratie der Welt erlebt einen Korruptionsskandal, Regierung und Opposition überhäufen sich mit Vorwürfen. Im Mittelpunkt: ein milliardenschwerer Diamantenhändler. Nirav Modi soll sich von der staatlichen Punjab Bank mit gefälschten Papieren Kredite im Wert von bis zu drei Milliarden US-Dollar ergaunert haben. Da Fotos existieren, die Premierminister Narendra Modi - nicht mit dem Diamantenhändler verwandt - beim Weltwirtschaftsgipfel Ende Januar in Davos zusammen mit dem Namensvetter zeigen, beschuldigt die oppositionelle Kongresspartei den Premier, dem Schwindler den »Raub« und die Flucht ermöglicht zu haben.
Die Vorwürfe haben jedoch einen Haken - der Bankenschwindel begann nachweislich schon im Jahr 2011, als die Kongresspartei in einer Koalition das Land regierte. Nirav Modi und sein Onkel Mehul Choksi ließen sich von mindestens 15 Mitarbeitern der mittleren Ebene der Punjab Bank Kreditbürgschaften aushändigen, mit denen sich die beiden Beschuldigten im Ausland bei 25 Banken die Milliarden auszahlen ließen.
Dazu flammt der Bofor-Skandal erneut auf, ein Waffendeal der Rajiv-Gandhi-Regierung mit Schweden in den 1980er Jahren. Die indische Bundespolizeibehörde CBI legte neue Fakten vor, die den Vorwurf erhärten, dass Mitglieder der damaligen Kongresspartei Schmiergelder in Höhe von 10 Millionen Dollar von der schwedischen Bofor Bank angenommen haben. Auch im aktuellen Nirav-Modi-Skandal war es die CBI, die Anfang Januar Anklage erstattete und nun Interpol um Mithilfe bei der Untersuchung bat. Dass indische Behörden mittlerweile ermitteln, ohne auf politische Interessen Rücksicht zu nehmen, zeigt, dass sich in Indien auch Positives tut.
Dass eine öffentliche Bank in Indien auf Krediten oder Bürgschaften sitzen bleibt, ist jedoch keine Ausnahme: Mittlerweile muss der indische Staat für mindestens 48 Milliarden US-Dollar aus faulen Krediten haften. Die Modi-Regierung verhinderte bis jetzt, dass die Namen der größten Schuldner genannt werden - schließlich ist mit 20 Milliarden US-Dollar der Modi᠆freundliche Konzern Reliance Industries darunter, wie ein Bericht der Schweizer Bank Credit Suisse aus dem Jahr 2015 enthüllte. Doch der größte Teil der faulen Kredite stammt aus der Regierungszeit der Kongresspartei.
Linke Alternativen gibt es auf Landesebene nicht mehr, seitdem die kommunistischen Parteien Indiens bewiesen haben, dass sie den etablierten Parteien in Sachen Korruption nicht nachstehen. Wenn es bloß darum ginge, wer weniger korrupt ist, würden Liberale und Progressive in Indien nicht viele Gedanken an die Kongresspartei verschenken. Doch sie ist die einzige, die verhindern kann, dass die Modi-Regierung weiterhin blinden Hindu-Nationalismus und Hass zwischen den Religionen streut. Die Kongresspartei hatte durch Quoten an Universitäten und für Regierungsstellen viele Menschen der unteren hinduistischen Kasten wie der Dalits als gleichberechtigter Teil in die Gesellschaft integriert.
Modis Bharatiya Janata Partei (BJP) hetzt für Stimmen mittlerweile nicht nur gegen Muslime, sondern auch gegen Christen und Dalits (Unberührbare) und nimmt dafür Gewalttaten gegen Minderheiten in Kauf. Der rechte Arm der BJP ist die Rashtriya Swayamsevak Sangh. Sie nimmt mit ihren Schlägertrupps immer öfter das Recht in ihre Hände - selbst der Valentinstag wird genutzt, um Jagd auf verliebte Pärchen zu machen. Den Frauen Indiens rät die BJP, dass sie sich moderat kleiden und abends nicht auf die Straße gehen sollen: dann würden sie auch nicht vergewaltigt.
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