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FDP-Politiker: »Wollen Testlauf für Cannabisabgabe«

Wieland Schinnenburg (FDP) fordert ein Umdenken im Umgang mit den Konsumenten

  • Aert van Riel
  • Lesedauer: 4 Min.

Die FDP setzt sich für Modellprojekte zur Abgabe von Cannabis ein. Warum ist aus Ihrer Sicht die Bekämpfung des Konsums durch Repression gescheitert?
Das kann man sehr schnell an den Zahlen erklären. Ungefähr vier Millionen Menschen in Deutschland konsumieren Cannabis mehr oder weniger regelmäßig. An dieser großen Zahl erkennt man, dass die Strafverfolgung zwar gut gemeint war, um die Ausbreitung des Drogenkonsums zu stoppen, aber nicht zu vernünftigen Ergebnissen geführt hat.

Wie sollen die Modellprojekte der FDP aussehen?
Sie müssen wissenschaftlich begleitet werden. Es sollen Mediziner dabei sein, Suchtforscher, Soziologen oder auch Psychologen. Wir sind in dieser Frage nicht genau festgelegt, sondern lassen uns gerne beraten. Ziel der Modellprojekte ist, dass wir herausfinden wollen, ob die kontrollierte Abgabe überhaupt sinnvoll ist und wie sie im Detail erfolgen soll. Aus unserer Sicht muss es eine Vergleichsgruppe geben. Ein Teil erhält Cannabis kontrolliert und eine vergleichbare Gruppe eben nicht. Die Ergebnisse müssten dann ausgewertet werden.

Wieland Schinnenburg
Am Donnerstagabend wird der Bundestag über Anträge von FDP, Linksfraktion und Grünen zur Abgabe von Cannabis beraten. Für den Text der Freien Demokraten, der die Einführung von Modellprojekten vorsieht, war in erster Linie der Hamburger Bundestagsabgeordnete Wieland Schinnenburg verantwortlich. Mit dem Sprecher der FDP-Fraktion für Sucht- und Drogenpolitik sprach nd-Redakteur Aert van Riel.

Wie viel Gramm Cannabis sollten die Konsumenten denn in einem bestimmten Zeitraum erhalten?
Auf eine genaue Grammzahl möchte ich mich zu diesem Zeitpunkt nicht festlegen. Diese Bewertung sollten wir den Experten überlassen. Alles andere wäre anmaßend. Wir von der FDP vertrauen auf Fachleute und glauben nicht, dass die Politik alles im Detail entscheiden kann. Zudem muss sichergestellt werden, dass eine Person nicht von einer Abgabestelle zur nächsten geht und sich zehn Tagesdosen besorgt, um davon neun zu verkaufen.

Welche Vorteile hätten die Konsumenten?
Sie wären nicht mehr darauf angewiesen, sich die Droge auf dem Schwarzmarkt zu besorgen. Sie würden stattdessen ein kontrolliertes Produkt von guter Qualität erhalten. Bei einem Kauf auf der Straße ist die Gefahr groß, dass es verunreinigt ist und neben den Gesundheitsgefahren durch Cannabis weitere Gefahren hinzukommen.

Was passiert, wenn die Modellprojekte erfolgreich verlaufen sollten?
Die kontrollierte Abgabe könnte dann ausgeweitet werden, wenn die Auswertung entsprechend ausfallen sollte. Die FDP hat bei einem Bundesparteitag im Mai 2015 beschlossen, dass wir diese kontrollierte Abgabe bereits jetzt wollen. Dieser Beschluss geht also über unseren jetzigen Antrag hinaus. Aber für unseren Parteitagsbeschluss gibt es derzeit keine Mehrheit im Bundestag. Deswegen sind wir auf die Idee gekommen, Modellprojekte einzuführen. Das ist auch ein Angebot an die anderen Fraktionen, dass wir neue Erkenntnisse zu dem Thema gewinnen. Aus meiner Sicht gibt es kein Argument, das dagegen sprechen würde.

Gegner einer Abgabe von Cannabis führen aber an, dass die Droge negative Folgen für die psychische und körperliche Gesundheit haben kann. Was entgegnen Sie diesen Menschen?
Also zunächst einmal muss sichergestellt werden, dass die Abgabe nur an Erwachsene und nicht an Minderjährige erfolgt. Zudem bestreitet niemand, dass der Konsum von Cannabis negative Folgen für die Gesundheit hat. Es hängt aber auch von der Menge ab und vom Alter des Konsumenten. Jugendliche sind stärker gefährdet als Erwachsene. Wir wollen auch nicht falsch verstanden werden. Wir suchen nach Wegen, wie der Konsum eingeschränkt werden kann.

Das müssen Sie näher erläutern.
Wir wollen durch die kontrollierte Abgabe an die Menschen besser herankommen und sie beispielsweise für Therapien gewinnen, wenn bei ihnen starke Probleme wegen des Drogenkonsums auftreten. Zudem wollen wir Geld einnehmen. Die Beträge, die bisher bei den Dealern bleiben, sollen zu einem großen Teil in die Staatskasse fließen. Dieses Geld wollen wir dann für Drogenprävention und Therapien ausgeben.

Mit wie viel Geld rechnen Sie?
Das habe ich die Bundesregierung in einer Kleinen Anfrage auch gefragt. Sie hat aber die Antwort verweigert. Ich rechne auf jeden Fall mit größeren Summen.

Die Linksfraktion und die Grünen haben auch Anträge zu dem Thema vorgelegt. Werden sich die drei Fraktionen gegenseitig im Bundestag unterstützen?
Wir wären auf jeden Fall bereit, alle diese Anträge von uns, der Linksfraktion und den Grünen in den Gesundheitsausschuss zu überweisen. Dort können sie dann gründlich geprüft werden.

Die Union dürfte bei dem Thema schwer zu überzeugen sein. Haben Sie aber schon Signale aus der SPD erhalten, was eine mögliche Zustimmung angeht?
Nein, bisher noch nicht. Aber ich versuche, Überzeugungsarbeit bei allen Fraktionen zu leisten. Denn einen solchen Modellversuch, wie wir ihn vorschlagen, hat es in Deutschland bislang noch nicht gegeben. Ich gehe davon aus, dass dieser Versuch unseren Parteitagsbeschluss bestätigen würde.

Geht es den Freien Demokraten bei ihrem Vorgehen letztlich um eine Legalisierung von Cannabis?
Nein. Denn eine Legalisierung würde bedeuten, dass es die Droge im Supermarkt im Regal zu kaufen gibt. Die kontrollierte Abgabe ist etwas anderes. Das soll über Apotheken erfolgen oder über andere lizenzierte Stellen. Ich setze mich seit unserem Parteitagsbeschluss für dieses Thema ein.

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