Jeder Widerstand unerwünscht
Gendarmerie räumt Protestcamp gegen französisches Atomendlager Bure
Ein Aufgebot von 500 Gendarmen hat am frühen Donnerstagmorgen im Wald von Bure in der nordfranzösischen Region Lothringen handstreichartig die rund 15 Atomkraftgegner geräumt, die dort den Bau eines Atommüllendlagers verhindern wollten. Das Hüttenlager, in dem sie seit eineinhalb Jahren vor Ort gelebt haben, wurde von den Ordnungskräften zerstört und die Trümmer angezündet.
Die Räumung selbst vollzog sich angesichts der massiven Übermacht ruhig, zumal die Gendarmen die Zufahrtswege weiträumig abgesperrt hatten, um Sympathisanten fernzuhalten. Doch mehrere Dutzend Kernkraftgegner haben in der nahen Ortschaft Bure ein Gebäude besetzt und sich darin verbarrikadiert, während andere in den Straßen des Ortes die Ordnungskräfte mit Steinen bewarfen. Drei Demonstranten wurden vorübergehend festgenommen.
Die Kernkraftgegner von Bure haben für Donnerstag zu Protestdemonstrationen vor den Präfekturen aller rund 100 Departements des Landes aufgerufen. »Diese Besetzung war illegal«, erklärte Innenminister Gérard Collomb (Sozialistische Partei) gegenüber den Medien. »Wir werden nicht zulassen, dass in Frankreich rechtsfreie Räume entstehen. Auch Kritiker haben sich an Gesetze und Regeln zu halten.«
Mit der gewaltsamen Räumung sollte vor allem der Plan der Kernkraftgegner durchkreuzt werden, an Stelle der Holzhütten in ihrem Lager massive Gebäude zu errichten, um so vor Ort vollendete Tatsachen zu schaffen. Der Innenminister beruft sich darauf, dass ein Verwaltungsgericht den Einsatz von Zwang bei der Räumung der Gegner des Atommülllagers als »rechtens und angemessen« bezeichnet hat. Dagegen verweisen diese auf andere Gerichtsurteile, mit denen die mit dem Bau beauftragten Atommüllbehörde ANDRA wegen Gesetzesverstößen verurteilt wurde, weil sie beispielsweise illegal einen Teil des Waldes von Bure bereits gerodet hat. Außerdem sei eine Reihe von Klagen gegen die Baupläne noch in der Schwebe und es gebe auch noch nicht ausgeräumte Einwände der Atomsicherheitsbehörde ASN.
»Jeder Angriff bestärkt uns nur noch mehr in unserer Entschlossenheit, den Widerstand gegen den Bau fortzusetzen«, erklärten die Gegner des Atommüllendlagers von Bure wenige Stunden nach der Räumung. »Wir werden uns nie atomisieren lassen!« Sie haben ein für nächste Woche geplant gewesenes Gespräch mit dem zuständigen Staatssekretär im Umwelt- und Energieministerium, Sébastien Lecornu, abgesagt, einen Dialog mit der Regierung, »die das Militär gegen uns einsetzt«, lehnen sie nunmehr ab. Tatsächlich sind die Gendarmen in Frankreich Teil der Armee.
Die 82 Einwohner zählende Gemeinde Bure liegt in der Region Grand Est und ist etwa 60 Kilometer von Nancy weit entfernt. Für den Standort hatte sich das französische Parlament bereits im Jahr 1998 entschieden, als ein Ort gesucht wurde, wo in großer Tiefe hoch radioaktive Abfälle sicher endgelagert werden können. Den Plänen zufolge sollen hier in massiven Schichten von Schiefergestein in 500 Metern Tiefe insgesamt 300 Kilometer lange Stollen gebohrt werden, wo man Container mit Atommüll einlagern kann, ohne dass die Strahlung durch das Gestein dringt. Seit mehreren Jahren werden bereits in einem unterirdischen Labor Probebohrungen vorgenommen und Tests durchgeführt. Die Kernkraftgegner warnen davor, dass der Atommüll hier nicht rückholbar endgelagert werden soll. Bei Bränden, Gesteinsabsenkungen oder Wassereinbruch könnte man nichts tun - beispielsweise wäre die Region der Verseuchung des Grundwassers hilflos ausgeliefert.
Die Vorbereitungen für den Bau gehen trotz aller Einwände weiter. 2019 will die ANDRA die offizielle Baugenehmigung beantragen, 2021 soll der Bau beginnen und ab 2030 soll dann voraussichtlich 100 Jahre lang Atommüll eingelagert werden, bevor die Stollen definitiv verschlossen werden.
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