Der Mensch ist eine Aktie

»Bad Banks« von Christian Schwochow auf Arte

  • Katharina Dockhorn
  • Lesedauer: 3 Min.

Jana Liekam (Paula Beer) ist sauer. Die junge Investmentbankerin wird für den Fehler ihres koksenden Chefs von einer Luxemburger Bank entlassen. Einen neuen, gut dotierten Job findet die ehrgeizige Angestellte schnell durch den Tipp ihrer Ex-Chefin Cristelle Leblanc (Désirée Nosbusch). Der lukrative Einstieg bei der Deutschen Global Invest in Frankfurt am Main, wo sie schnell zur Chefin des Finanzierungsteams eines Bauprojekts in Leipzig wird, hat jedoch seinen Preis. Leblanc erwartet von Jana Insiderinformationen, um ihren eigenen Job in Luxemburg zu retten.

Diesem Desillusionierungs- und Abnabelungsprozess von Liekam folgt Christian Schwochow in der sechsteiligen Serie »Bad Banks«. Dabei bleibt der im Osten Berlins aufgewachsene Regisseur (»Der Turm«, »Bornholmer Straße«) dem roten Faden seines vielseitigen Oeuvres treu. Egal ob in seinem Debüt »Novemberkind«, »Westen« oder zuletzt dem Porträt der Malerin Paula Modersohn Becker - stets folgte er einer selbstbewussten Frau, die sich in einer Männerwelt behauptet. »Die Hindernisse, die Jana überwinden muss, sind höher als die der Männer«, begründet er die Wahl. »Sie will sich auch nicht als Opfer sehen, sie lernt, die ungeschriebenen Regeln für sich zu nutzen.«

Der an Originalschauplätzen gedrehte Film entstand nach einem Drehbuch von Oliver Kienle, der 2010 mit »Bis aufs Blut - Brüder auf Bewährung« sein Debüt gegeben hatte. Er erklärt die komplexen Produkte der Branche, zum Motor der Handlung werden jedoch die Agierenden im Bankensystem und ihre Motivation. »Ich wollte herausfinden, wie hochintelligente Menschen mit einem irren Selbstbewusstsein in dieses System geraten, was sie antreibt und korrumpiert«, erläutert Schwochow. »Sie werden mir in ihren Vorstellungen von Gut und Böse fremd bleiben. Bei ihnen zählt nicht, ob ihr Handeln moralisch legitim ist. Sondern ausschließlich, ob es legal ist.«

Der Zuschauer begleitet Liekam, wenn sie die Mechanismen des Spiels durchschaut, in dem Loyalitäten nur so lange reichen, wie es dem Einzelnen nutzt. Auf der Suche nach ihrem Platz muss sie sich zwischen Anpassung an gesellschaftliche Regeln, Verweigerung und Widerstand gegenüber Autoritäten entscheiden - ein Gewissenskonflikt, der Schwochows Filme immer prägt.

Schwochow führt seine Figuren niemals vor, er will sie und die Kräfte, die sie antreiben, verstehen. »Sie sind vorrangig von einem gewissen Sportsgeist getrieben, von dem Gedanken, besser zu sein als alle anderen. Ihre Rauschzustände werden von dem Gefühl ausgelöst: Ich bestimme den Lauf der Welt. Insbesondere auf junge Menschen hat das enorme Verführungskraft, was ich nachvollziehen kann.«

Kienle und Schwochow führen ihre fesselnde Story konsequent zu einem beinahe zynischen, aber realistischen Ende. Alternativlos wie die Bankenrettung, nach der ein Geschäft konserviert wurde, das heute wieder blüht. Wir alle möchten nicht genau wissen, wie die Bank die Zinsen für unsere Ersparnisse erwirtschaftet. Darauf bauen die Banken. Sie machen ihr Geschäft mit dem Wert Vertrauen. Und wir vertrauen gerne. Aber wenn wir einen Schritt weiter denken, wird klar, dass die Bank keine karitative Einrichtung ist. Daher ist es eine Pflicht für uns alle, das Geschäftsmodell zu hinterfragen.

Genau dies tut der Film, er entführt in eine entfremdete, kalte Welt, in der nur Gewinne und Siege zählen. Menschen sind darin austauschbare Variablen, wenn es heißt: »Der Mensch ist heute eine Aktie, deren Wert schwankt. Daher ist das Verrückte an dieser Bankenwelt, dass sie ein Spiegel unserer Welt ist.«

Arte, Sechs Folgen; vier Folgen am Donnerstag, 1. März, 20.15 Uhr, Folgen fünf und sechs am Freitag, 2. März. Das ZDF strahlt die Serie am 3., 4. und 5. März aus.

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