• Politik
  • Mord an einem Journalisten

Die Blutspur führt zur Mafia

In der Slowakei schockiert der brutale Mord an einem Journalisten seine Kollegen genauso wie die Politik

  • Jindra Kolar, Prag
  • Lesedauer: 3 Min.

Der Mord an dem slowakischen Investigationsjournalisten Jan Kuciak und an seiner Lebensgefährtin Martina K. erschüttert die slowakische Öffentlichkeit. Nie hatte es einen solch gewaltsamen Akt gegen einen Pressevertreter gegeben, der Missstände des Landes aufzeigte. Und schon gar nicht in dieser brutalen Form.

Polizeipräsident Tibor Gašpar erklärte, es sei ein »Verbrechen ohne jeden Präzedenzfall«. Er gehe davon aus, dass die Tat in Gallandau (Galanta) in engem Zusammenhang mit der journalistischen Tätigkeit des Opfers steht. Kuciak hatte für die Nachrichtenplattform Aktuality.sk vor allem über Missstände und Korruption in der slowakischen Politik und Wirtschaft berichtet. Insbesondere schrieb er in jüngster Zeit über obskure Verbindungen zwischen dem Unternehmer Marián Kočner aus Bratislava und Kreisen der slowakischen Regierung unter der Führung der sozialdemokratischen Partei SMER.

Kočner hatte erhebliche Steuererleichterungen erhalten und unter anderem den Zuschlag für den Bau des Luxuswohnviertels Five Star Residence. Über die Enthüllungen des 27-jährigen Kuciak war der Unternehmer derart erbost, dass er drohte: »Ich mache Dich fertig, Deine Familie, Deine Mutter und Deinen Vater.« Kuciak brachte dies bereits im Oktober zur Anzeige, vonseiten der Polizei wurde der Vorfall jedoch nicht ernst genommen. Premier Robert Fico (SMER) erklärte, wenn der Mord an Kuciak mit seiner Arbeit zusammenhänge, sei dies ein »Anschlag auf unsere Demokratie, der nicht hingenommen werden kann«.

Der frühere Chefermittler der Kriminalpolizei, Jaroslav Ivor, geht von der Tat eines professionellen Mörders aus. Die Präzision, mit der die tödlichen Schüsse auf beide Opfer fielen, zeigten nach Ivors Ansicht, dass es sich nicht um eine spontane Tat handelte, sondern um einen geplanten Anschlag.

Der Kriminalist wollte sich allerdings noch nicht eindeutig auf die Spur der politischen und Wirtschaftskriminalität einlassen. »Der Fall ist noch zu frisch, als dass man nur von einer Theorie ausgehen darf. Hypothetisch könnte ja auch die Partnerin des Journalisten das eigentliche Ziel gewesen sein«, erklärte Ivor vor Journalisten. Die Polizei müsse sich jetzt jedoch besonders große Mühe geben, schnell zu Erkenntnissen zu kommen, weil die Tat eine sehr starke Medienaufmerksamkeit erhalten hat - es handelt sich schließlich um einen Kollegen. Tatsächlich folgen nicht nur die Kriminalisten jeder Spur, sondern auch die Journalisten, die mit Kuciak zusammengearbeitet hatten.

Diese weisen auf eine Spur hin, die in eine ganz andere Richtung führt. Kuciak hatte in den Wochen vor seinem Tod über die Ausweitung der italienischen Mafia in der Ostslowakei recherchiert. Wie in anderen Ländern des ehemaligen Ostblocks, so in Ostdeutschland, in Tschechien und Polen, versuchen die Clans von ’Ndrangheta und Camorra auch in der Slowakei Fuß zu fassen und Stützpunkte zu errichten. Ziel ist dabei unter anderem, in eine aufblühende Wirtschaft einzudringen - die Slowakei verzeichnet seit ihrer Gründung enorme Wachstumsraten - und traditionelle Mafiageschäfte in den Osten voranzutreiben. Die Slowakei als Stützpunkt ermöglicht den Sprung in die Ukraine und nach Russland.

Erst vor einer Woche hatte Kuciak einen Beitrag veröffentlicht, in dem es um die Abschöpfung von EU-Fördermitteln für die Ostslowakei durch die italienische Mafia ging. Weitere Enthüllungen dazu sollten folgen, erklärte sein Kollege Tom Nicholson von der Zeitung »Dennik N«. Dies ist mit dem Mord vorerst verhindert worden.

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