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  • Grundsteinlegung bei der Rosa-Luxemburg-Stiftung

Historische Zeitungsproduktion

Wolfgang Hübner wünscht den nd-Kolleginnen und -Kollegen, die an diesem Sonntag Dienst haben, viel Glück

  • Woflgang Hübner
  • Lesedauer: 2 Min.
Die nd-Kolleginnen und -Kollegen, die an diesem Sonntag Dienst haben, sind nicht zu beneiden. Denn am kommenden Montag findet in Berlin ein historisches Ereignis statt. Neben dem Ostbahnhof wird ein Grundstein gelegt; nicht für eine Mercedes-, Allianz-, O2- oder sonstwas für eine Milliardenarena, sondern für ein Gebäude der Rosa-Luxemburg-Stiftung. Die der Linkspartei nahestehende Denkfabrik, die derzeit noch im nd-Gebäude beheimatet ist, plant ein paar hundert Meter weiter eine eigene Residenz.

Wie es sich gehört, werden bei der Grundsteinlegung ein paar weihevolle Worte gesprochen. Und es wird im Fundament eine Metallkassette versenkt, mit Zeitdokumenten für die Nachwelt. Auch ein »nd« vom Montag soll dabei sein.

Was das bedeutet, ist klar. Es muss bei der nd-Produktion am Sonntag alles wie am Schnürchen laufen. Die Sonntagsdienstler müssen die zündendsten Überschriften finden, die interessantesten Bilder aussuchen, die bissigsten Kommentare schreiben. Sie dürfen sich nicht verspäten, die Computer dürfen nicht streiken, niemand darf in der Nähe des nd-Gebäudes das für uns entscheidende Internetkabel durchstechen, die Nachrichtenagentur darf nicht ausfallen, in der Druckerei darf der Farbdüsenfeinjustierungsbolzen (oder wie das Ding heißt) nicht rausfliegen.

Es gibt Gründe, auf all das zu hoffen. Denn es geht ja um eine Ausgabe für die Ewigkeit. Sie wird am Montag eingemauert, und in - sagen wir mal - 100 Jahren wieder rausgeholt. Weil genau darunter eine gigantische Berliner-Weiße-mit-Schusss-Quelle entdeckt wurde. Weil der Sozialismus zu Ende erforscht und in einer Weltformel fixiert wurde, womit die Stiftung ihre historische Mission erfüllt hat. Weil die ganze Hauptstadt wegen Klimawandel und Landüberflutung abgebaut und im Erzgebirge wieder hingestellt wird.

Und dann? Dann werden staunende Menschen dieses komische Ding, das sich Zeitung nannte, aus der Metallkassette nehmen und überlegen, was die Leute damals damit gemacht haben könnten. Ah, werden die historisch Bewanderten sagen, so sah also der Vorläufer dieser linken 3D-Realtime-Community aus. Andere werden die Zeitungsseiten ratlos betrachten: Bilder, die sich nicht bewegen; Ortsnamen, die einen nicht durch Antippen gleich in diesen Ort beamen; Personen, denen man keine Livefragen stellen kann. Lauter totes Zeug.

Falls unser Verlags-Azubi sich fit hält und von jetzt ab nur noch kerngesunde Sachen isst, trinkt, atmet, raucht und liest, kann er dann als Zeitzeuge im biblischen Alter berichten, wie es war, als man noch ein Ding herstellte, das sich Zeitung nannte.

So könnte es sein - wenn das nd-Sonntagsteam bei dieser Montagsausgabe für die Ewigkeit alles gibt. Schönen Dienst! Wolfgang Hübner

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