Gefühltes Unwohlsein

Tomas Morgenstern bleibt angesichts der hohen Kriminalität in der Stadt skeptisch

  • Lesedauer: 2 Min.

Innensenator Geisel hat es ja selbst eingeräumt: Mit seiner hohen Gesamtzahl an Straftaten führt Berlin seit langer Zeit ungebrochen die bundesdeutsche Kriminalitätsstatistik an. Das ist auch nicht allzu verwunderlich: Die Hauptstadt ist eine durch Zuzug aus allen Teilen Deutschlands und dem Ausland wachsende Millionenmetropole; die Vielzahl der verschiedenen sozialen Milieus, die Menschen unterschiedlichster Herkunft widerspiegeln, sehen sich hohem Veränderungsdruck ausgesetzt. Hinzu kommen die nachwirkenden Folgen der deutschen Teilung. Die Wirtschaft boomt, doch bei weitem nicht alle Menschen in der Stadt profitieren davon, es gibt krasse Fälle von Armut und Not.

Hinzu kommt, dass wohl die wenigsten Berliner den Eindruck haben, dass die städtischen Behörden jederzeit Herr der Lage sind. Das trifft gewiss auch auf die Ordnungskräfte und vor allem die Polizei zu. Rot-Rot-Grün hat inzwischen eine ganze Menge getan, um den in den vorausgegangenen Legislaturperioden kaputtgeschrumpften Polizeiapparat wieder zu ertüchtigen. Personal und Ausrüstung sollen auf einen den gewachsenen Herausforderungen angemessenen Stand gebracht werden. Eine gewisse personelle Kontinuität an der Polizeispitze soll ja nun auch bald verwirklicht werden. All das braucht gewiss seine Zeit.

Dass es gelungen ist, die hohe Kriminalität in der Stadt in Teilen einzudämmen, ist dem großen Einsatz von Polizei und Justiz geschuldet. Viele Berliner werden dennoch mit Skepsis auf die Erfolgsmeldungen reagieren. Raub und Gewalt in der Öffentlichkeit, Diebesbanden auf Bahnhöfen und Plätzen, Fahrradklau und immer mehr kaltschnäuzige Wohnungseinbrüche hatten ja bereits ein unerträgliches Maß erreicht. Dass es Fortschritte bei der Bekämpfung gibt, war längst überfällig. Dankbarkeit darf man da nicht erwarten. Der Senator wird sich beim Wort nehmen lassen müssen, wenn er sagt, dass die Erfolge ein Trend sind. Das zählt erst was, wenn der sich verstetigt hat.

- Anzeige -

Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.

Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.

Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.

Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.