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Personalie
Es ist die alte Geschichte: Vor der Kamera sollen sich die Frauen bitteschön bewegen bzw. gern auch leicht bekleidet räkeln. Wichtig ist dabei, dass sie hübsch und adrett zurechtgemacht sind (soll heißen: nach den Bedürfnissen des männlichen Blicks modelliert sind). Hinter der Kamera dagegen beginnt das grenzenlose Reich der Männer, die zwar nicht zwingend hübsch und adrett zurechtgemacht sein müssen, dafür aber mit ihrem Weitblick, ihrem handwerklichen Geschick, ihrem technischen Sachverstand und Know-how und ihrem künstlerischen Können komplexe Apparaturen (Kameras) in Gang setzen und bewegen. So war es immer in der Geschichte des Films und so ist es noch. Wenn auch mittlerweile Filmemacherinnen wie etwa Kathryn Bigelow oder Lynne Ramsay beweisen, dass es nicht eines männlichen Geschlechts bedarf, um großartige Filme zu drehen.
Erstmals in 90 Jahren ist nun in Hollywood eine Frau für den Oscar für die beste Kamera nominiert worden. Die 40-jährige Rachel Morrison, die für ihre Kameraarbeit an dem hierzulande nur auf der Serienplattform Netflix zu sehenden, den Nachkriegsrassismus in den USA thematisierenden Filmdrama »Mudbound« gelobt wird, findet es zwar »krass«, dass es im US-Filmgeschäft nur vier Prozent Kamerafrauen gibt, wie sie der Zeitschrift »The Hollywood Reporter« mitteilte. Andererseits verstört sie uns mit ihrer Aussage, dass Frauen »bekanntermaßen« ein überdurchschnittlich gutes »Einfühlungsvermögen« hätten. Recht hat sie zweifelsohne damit, dass das Filmbusiness bis heute von Männern dominiert wird. Unfug dagegen ist die alte Mär, das biologische Geschlecht sage irgendetwas über Gefühlswelt, Wesen, Charakter, Talente und Qualitäten eines Menschen aus.
Morrison hat in New York Film studiert. Danach war sie an zahlreichen Independent-Filmproduktionen beteiligt, von denen viele auf dem Sundance-Filmfestival gezeigt wurden. »Für meine männlichen Kollegen reichte oft schon ein einziger Sundance-Erfolg aus, um einen 30-Millionen-Dollar-Film drehen zu dürfen«, so wird Morrison vom ORF zitiert.
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