Bewegung auf Seiten der Bausparkassen

Streit um Kündigungsklausel

  • Lesedauer: 3 Min.

Nach einer Schlappe vor Gericht plädiert ein Bausparkassen-Chef zum Umdenken bei einer umstrittenen Kündigungsklausel. »Wir halten die Klausel zwar nach wie vor für sinnvoll, sehen aber auch, dass es Anpassungsbedarf gibt«, sagte Wüstenrot-Chef Bernd Hertweck. Die Klausel in Mustervorgaben des Verbandes der Privaten Bausparkassen sieht vor, dass die Finanzinstitute Bausparverträge 15 Jahre nach Vertragsabschluss kündigen können. Die Verbraucherzentrale Baden-Württemberg hatte dagegen geklagt, aus ihrer Sicht ist so eine pauschale Regelung nicht rechtens.

Laut einem Urteil des Landgerichts Berlin vom Herbst 2017 ist besagte Klausel teilweise nicht zulässig. Wüstenrot, eine private Kasse, hat die Klausel in Verträgen stehen. Der Verband der Privaten Bausparkassen ging nach dem Urteil in Berufung.

Zwischen Verbraucherschützern und Bausparkassen gibt es immer wieder Streit. Lange wollten Verbraucherschützer die massenhafte Kündigung gut verzinster Altverträgen stoppen. Damit scheiterten sie 2017 aber vor dem Bundesgerichtshof (BGH) - das Gericht billigte die Kündigung von Verträgen zehn Jahre nach Zuteilungsreife. Normalerweise werden Bausparverträge nach sieben bis zehn Jahren zuteilungsreif - der BGH-Weg ermöglicht also eine Kündigung 17 bis 20 Jahre nach Vertragsabschluss.

Inzwischen hat sich der Streit auf jene Klausel verlagert, nach der eine Kündigung schon nach 15 Jahren möglich wäre. Die Regelung ist insofern wichtig, als sie die Branche auf lange Sicht vor einem anderen Dilemma bewahren könnte: Sollten die Zinsen in Zukunft deutlich steigen, könnten Verbraucher ihre lange Zeit schlummernden Bausparverträge zur Zuteilungsreife bringen und dann das niedrig verzinste Darlehen abrufen.

In einem solchen Fall, der in Ansätzen in den 1980er Jahren eintrat, bekämen Bausparkassen Probleme: Sie müssten umfangreich billige Kredite vergeben, müssten auf der Guthabenseite zugleich aber recht hohe Zinsen zahlen. Das könnte zwar erst in Jahrzehnten ein Problem werden, die Branche will so einem Dilemma aber schon jetzt vorbeugen.

Wüstenrot-Chef Hertweck betonte, dass eine Kündigungsklausel zur Planungssicherheit der Finanzinstitute wichtig sei. Dadurch werde Klarheit gegenüber Kunden geschaffen, dass man nach einer gewissen Zeit getrennte Wege gehen könnte. Mit Blick auf die Kritik der Verbraucherschützer sagt er aber auch: »Wir nehmen die Kritik ernst und arbeiten an einer Verbesserung der Klausel.« Wüstenrot ist hinter Schwäbisch Hall die zweitgrößte deutsche Bausparkasse. Hertweck sitzt im Vorstand des Verbandes Privater Bausparkassen.

Der Chef des Verbandes, An-dreas Zehnder, deutete ebenfalls Bewegung bei dem Thema an, wenngleich er sich zurückhaltender äußerte. Man wolle mit der Klausel »eine vertragliche Kündigungsmöglichkeit schaffen, um bei unvorhergesehenen Ereignissen in der Zukunft im Interesse der Bauspargemeinschaft als Ganzes reagieren zu können«, sagte er. Den Darlehensanspruch eines Kunden wolle man nicht beschneiden. Man lote gerade aus, ob sich die Klausel so formulieren ließe, »dass Verbraucherschützer nicht unnötig irritiert sind«.

Separat zum Berliner Gerichtsverfahren war die Verbraucherzentrale zudem gegen die Badenia und die Landesbausparkasse (LBS) Südwest vorgegangen und hatte vor den Landgerichten in Karlsruhe und Stuttgart Erfolge gefeiert. Besagte 15-Jahres-Klausel ist weit verbreitet in der Bausparbranche. Zur Anwendung kam sie noch nicht, da die Institute erst ab 2005 damit anfingen, sie in Verträge zu schreiben - frühestens 2020 könnte sie also erstmals gezogen werden. dpa/nd

Wir-schenken-uns-nichts
Unsere Weihnachtsaktion bringt nicht nur Lesefreude, sondern auch Wärme und Festlichkeit ins Haus. Zum dreimonatigen Probeabo gibt es ein Paar linke Socken und eine Flasche prickelnden Sekko Soziale – perfekt für eine entspannte Winterzeit. Ein Geschenk, das informiert, wärmt und das Aussteiger-Programm von EXIT-Deutschland unterstützt. Jetzt ein Wir-schenken-uns-nichts-Geschenk bestellen.

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.

- Anzeige -
- Anzeige -