»Hitler-Glocke« bleibt hängen

Gemeinderat will Kirchenglocke als Mahnmal erhalten / Beschluss musste nach Formfehler wiederholt werden / Jakobskirche befürwortet Austausch

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Herxheim am Berg. Die umstrittene sogenannte Hitler-Glocke im rheinland-pfälzischen Herxheim am Berg bleibt vorerst hängen. Der Gemeinderat bestätigte am Montagabend in geheimer Abstimmung mit neun zu drei Stimmen einen bereits vor zwei Wochen gefassten Beschluss, wie der erste Beigeordnete Gero Kühner (SPD) der Nachrichtenagentur AFP mitteilte. Um die Glocke mit der Inschrift »Alles fuer's Vaterland, Adolf Hitler« gibt es seit Wochen einen bundesweit beachteten Streit.

Nach dem Willen des Gemeinderats soll die Glocke als »Mahnmal gegen Gewalt und zum Anstoß für Versöhnung« hängen bleiben. Die Ratsmitglieder stützten sich bei ihrem Beschluss auf ein Expertengutachten. Der neue Beschluss im Gemeinderat war wegen eines Formfehlers bei der ersten Abstimmung vor zwei Wochen notwendig geworden.

Die aus dem Jahr 1934 stammende Glocke hängt in der evangelischen Jakobskirche. Unklar ist trotz des Gemeinderatsbeschlusses, ob sie wieder läuten wird. Laut einem Bericht des Südwestrundfunks nach der ersten Abstimmung Anfang März will die evangelische Kirche in der Pfalz auch prüfen lassen, wer Eigentümer des Turms der Jakobskirche ist.

Dass die Glocke nicht abgehängt wurde, stieß in den vergangenen Wochen zum Teil auf heftige Kritik. So sagte der Präsident des Zentralrats der Juden, Josef Schuster, dem ARD-Magazin »Kontraste« im Januar, mit einer Glocke, die die Inschrift »Alles fuer's Vaterland, Adolf Hitler« trägt, der NS-Opfer gedenken zu wollen, komme einer »Verhöhnung dieser Menschen gleich«. Er habe keinerlei Verständnis dafür, dass die Glocke weiter im Turm hängen bleiben und sogar wieder läuten solle.

Bürgermeister Georg Welker (parteilos) betonte , mit seiner Entscheidung für den Verbleib der Glocke sei der Gemeinderat bewusst keinen leichten Weg gegangen. Natürlich nehme er als Bürgermeister kritische Stimmen zur Kenntnis. Allerdings seien Mahnzeichen wie die Glocke nötig, die an die Geschichte erinnerten und als »Stolpersteine« dienten, sagte der protestantische Ruhestandspfarrer Welker.

Seit September 2017 ist die Glocke stillgelegt. Eine Mahntafel zur Glocke an der Kirche soll laut Welker spätestens im Sommer an der Kirche aufgehängt sein.

Die Evangelische Kirche der Pfalz befürwortet den Austausch von Glocken mit anstößigen Inschriften aus der Zeit des Nationalsozialismus. Dafür stellt sie insgesamt 150.000 Euro zur Verfügung. Im Fall von Herxheim will sie nun klären, wer als Eigentümer des Kirchturms gilt. Dies könnte unter Umständen Einfluss darauf haben, ob die Glocke tatsächlich hängen bleibt. »Wir prüfen, ob Quellen eindeutig sind oder ob sie sich widersprechen«, sagte Pressesprecher Wolfgang Schumacher am Dienstag dem Evangelischen Pressedienst (epd). Agenturen/nd

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