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Die Justiz treibt ein gelähmtes Europa
Stephan Fischer über die irische Weigerung, nach Polen auszuliefern
Die Weigerung des irischen Obersten Gerichts, einen Polen in sein Heimatland auszuliefern, ging mit unmissverständlichen Worten einher: Die zuständige Richterin nannte die polnischen Justizreformen »schädlich« für den Rechtsstaat und die Demokratie in Polen. Den polnischen Staatsbürger erwarte eine Justiz, deren Unabhängigkeit nicht garantiert sei. Der High Court in Dublin wandte sich an den Europäischen Gerichtshof.
Ein in der EU-Rechtsgeschichte beispielloser Fall - mit gehöriger Sprengkraft. Die EU hat sich selbst bei Anwendung ihrer schärfsten politischen Waffe, dem Rechtsstaatsverfahren bisher als zahnlos erwiesen. Nun könnten jedoch Europas höchste Richter wirklich schmerzhafte Prozesse auslösen. Schließen sie sich der irischen Meinung an, wäre zunächst der Europäische Haftbefehl im Falle Polens lahmgelegt. Die Konsequenzen wären jedoch noch weitreichender: Würden polnische Gerichtsurteile vor europäischen Instanzen überhaupt Bestand haben können?
Die EuGH-Richter können jetzt juristisch Bewegung in den grundlegenden Konflikt um die polnischen Justizreformen bringen, der politisch längst nicht mehr lösbar scheint. Vielleicht ist er aber überhaupt nicht mehr auflösbar - denn als wie »unabhängig« würde die polnische Regierung ein für sie negatives Votum des EuGH wohl bewerten? Und: würde sie es akzeptieren?
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