Die ausgestreckte Pariser Hand
Außenminister Maas war zum Antrittsbesuch bei seinem Amtskollegen in Paris
»Die Tinte unter meiner Ernennungsurkunde ist noch nicht trocken, da bin ich schon zu meinem ersten Besuch bei meinem französischen Amtskollegen«, meinte der erst Stunden zuvor ernannte neue deutsche Außenminister Heiko Maas am Mittwochabend in Paris. Der französische Außenminister Jean-Yves Le Drian nannte es eine »schöne und bewährte Tradition« und sein deutscher Kollege bezeichnete es als »wichtiges Zeichen für die deutsch-französische Zusammenarbeit«, dass der jeweils erste Besuch dem Partner von der anderen Seite des Rhein gehört.
In diesem Sinne führt auch die erste Auslandsreise der neuen Amtszeit die wiedergewählte Bundeskanzlerin Angela Merkel am Freitag ins Pariser Elysée zu Präsident Emmanuel Macron. »Gerade heute bei den aktuellen Ereignissen ist eine enge deutsch-französische Koordinierung überaus wichtig«, meinte Jean-Yves Le Drian und Heiko Maas sprach von einem Bedürfnis, »die ausgestreckte Hand von Emmanuel Macron in seinen Vorschlägen zur Erneuerung Europas zu ergreifen«.
Gebraucht werde eine »neue deutsch-französische Dynamik, um die Erneuerung in Europa voranzutreiben«, meinte Maas. Das betreffe nicht nur wirtschaftliche und finanzielle Fragen, sondern auch und vor allem eine gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik. Le Drian griff das auf und unterstrich, ihr Treffen sollte nicht zuletzt der Vorbereitung des EU-Rates der Außenminister am kommenden Montag in Brüssel dienen, »um dort dank unserer heutigen Abstimmung zu allen Themen nach derselben Linie und mit gemeinsamen Positionen aufzutreten«.
Auch gelte es, dem Elysée-Abkommen über die deutsch-französischen Beziehungen neue Dynamik zu verleihen und es den aktuellen Erfordernissen anzupassen. Das werde zu einer noch engeren Kooperation und Abstimmung zwischen beiden Regierungen führen, zeigte sich der französische Minister überzeugt. »Da gibt es viele Themen, die herangereift sind, etwa die Europäische Verteidigung oder die Zukunft der Union nach dem Brexit.« Durch die Frage eines Journalisten mit der distanzierten Äußerung von Angela Merkel zu Macrons Europa-Initiative in einem Interview vom selben Tag konfrontiert, sagte Le Drian: »Ich vertraue dem, was dazu im Koalitionsvertrag der neuen deutschen Regierung vereinbart wurde.«
Zu den Themen, über die beiden Außenminister ferner diskutiert haben, gehörten die Beziehungen zu den USA, die durch die jüngsten Zollerhöhungen durch Präsident Donald Trump belastet sind. Aber auch die Zusammenarbeit bei der Terrorbekämpfung und im Friedensprozess in der Sahel-Zone spielten eine Rolle. In Syrien gelte es, die UN-Resolution über die Waffenruhe durchzusetzen.
Im Verhältnis zu Iran wollen Paris und Berlin vor allem die Wiener Nuklearvereinbarung erhalten und zu ihrer vollständigen Umsetzung beitragen. Als ein Schwerpunktthema ihrer Zusammenarbeit bezeichneten die beiden Außenminister die Beziehungen zur Ukraine - und damit verbunden die Haltung gegenüber Russland. Von Journalisten auf die jüngste Zuspitzung der Beziehungen zwischen Großbritannien und Russland nach dem Giftanschlag auf zwei russische Staatsbürger in Großbritannien angesprochen, betonten beide Außenminister die volle Solidarität ihrer Länder mit Großbritannien. »Es handelt sich dabei um einen noch zu Zeiten der UdSSR illegal hergestellten Giftkampfstoff und damit eine Verletzung der internationalen Abkommen zur Ächtung von Chemiewaffen und ihrer Nichtweiterverbreitung«, erklärte der französische Außenminister. Heiko Maas ergänzte: »Was dort geschah, ist ein Verbrechen, das nicht hinnehmbar ist und aufgeklärt werden muss. Wir erwarten von Russland, dass es sich aktiv an der Aufklärung beteiligt.«
Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.
Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.
Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.
Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.