Weiternutzen oder verschrotten?
Tausende Windkraftanlagen drehen sich in Rheinland-Pfalz - und das zum Teil schon ziemlich lange
Mainz. Vor über 20 Jahren begann der große Aufschwung der Windenergie auch in Rheinland-Pfalz. Feste Einspeisevergütungen und Förderprogramme kurbelten die Branche an. In den nächsten Jahren endet die ursprünglich geplante Betriebszeit vieler Anlagen. Betreiber stehen vor der Frage, ob sie die Windräder weiterbetreiben, verkaufen oder entsorgen sollen. Voraussetzung für eine Verlängerung der Betriebszeit ist eine erfolgreiche technische Begutachtung, so Jürgen Fuhrländer von der Gesellschaft für Windenergieanlagen aus Rennerod. Auch er nimmt Anlagen unter die Lupe. Gecheckt würden etwa die Standsicherheit und ob ein unfallfreier Weiterbetrieb sichergestellt sei. »Viele Anlagen haben ein hohes Restlaufzeitpotenzial«, sagt er.
Also klares Ja fürs Weiterdrehen? Nicht unbedingt. Laut der Branchenorganisation Deutsche Windguard kostet ein Gutachten für einen Weiterbetrieb je nach Anlage und Standort 5000 bis 20 000 Euro. Zudem stellt sich die Frage der Wirtschaftlichkeit, wenn Anlagen nach 20 Jahren aus der Einspeisevergütung durch das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) herausfallen. Der Deutschen Windguard zufolge dürften dann bundesweit 6000 Windkraftanlagen betroffen sein. Nach Ablauf der EEG-Vergütung muss der mit diesen Anlagen erzeugte Strom zu Börsenpreisen verkauft werden. Während es vorher neun Cent pro Kilowattstunde gewesen seien, könne der Ertrag auf knapp drei Cent schrumpfen, so Fuhrländer.
In diesem Jahr gehe in Rheinland-Pfalz die erste Anlage in Betrieb, bei der mit Windkraft Wasserstoff produziert werde - »grüner Wasserstoff«, wie Fuhrländer sagt. Den Markt dafür sieht er durchaus, etwa beim Blick auf das große Thema Brennstoffzellen-Antrieb.
Felix Wächter - Sprecher des Energiespezialisten Juwi - zufolge rentiert sich das Festhalten an Standorten oft, wenn alte durch neue Anlagen ersetzt werden. Der Ertrag von Windkraftanlagen habe sich enorm erhöht, sagt Wächter. Eine weitere Alternative ist der Verkauf der Anlagen nach einer Generalüberholung auf dem Zweitmarkt. Die Türme werden abgebaut, an anderer Stelle im Ausland aufgebaut und weiterbetrieben. »Die ausgereifte deutsche Technik ist da sehr beliebt«, sagt Fuhrländer.
Oder eben doch Abbau und Entsorgung. Dabei fällt reichlich Material an, das es möglichst zu recyceln gilt. Die Tonnen an Stahl, Beton und Kupfer lassen sich problemlos entsorgen, wie Ciro Capricano, er hat eine auf Windkraft spezialisierte Beraterfirma, erklärt. Problematischer seien die Rotorblätter, die früher den Kunststoff Polyester enthalten hätten und heute Epoxydharz. Früher kamen viele der Blätter auf Deponien - das geht heutzutage nicht mehr. dpa/nd
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