Deutscher seit August in der Türkei in Isolationshaft

73-Jährigen werden Verbindungen zur oppositionellen Gülen-Bewegung vorgeworfen / Tochter: Bundesregierung soll sich für die Gefangenen einsetzen

  • Lesedauer: 2 Min.

Istanbul. Nach der Freilassung des »Welt«-Korrespondenten Deniz Yücel aus türkischer Haft bitten die Angehörigen eines weiteren inhaftierten Deutschen die Bundesregierung um mehr Engagement in dessen Fall. Ihr 73-jähriger Vater Enver Altayli sitze seit mehr als einem halben Jahr wegen Terrorvorwürfen in Ankara in Isolationshaft, erklärte Altaylis Tochter Zehra Der in Istanbul. Die Familie wende sich aus Verzweiflung über die anhaltende Untersuchungshaft ohne Anklage erstmals an die Öffentlichkeit. Altayli werden Verbindungen zur Gülen-Bewegung vorgeworfen, die von der türkische Regierung für den Putschversuch vom Juli 2016 verantwortlich gemacht wird. Altayli weist die Vorwürfe zurück.

»Wir würden uns wünschen, dass die Bundesregierung stärker auf seine Entlassung aus der Untersuchungshaft hinwirkt und darauf, dass der Prozess beschleunigt wird«, sagte Zehra Der. Altayli wurde am 20. August in Antalya festgenommen, wo die Familie eine Ferienanlage betreibt. Sechs Tage später wurde U-Haft gegen ihn verhängt. Er sitzt im Hochsicherheitsgefängnis Sincan in Ankara.

Aus dem Auswärtigen Amt hieß es, der Fall sei bekannt. Die Botschaft stehe mit den türkischen Behörden und der Familie in Kontakt. Nach Auskunft von Zehra Ders Schwester Dilara Yilmaz genehmigten die türkischen Behörden keine konsularische Betreuung durch deutsche Diplomaten, weil ihr Vater Doppelstaatsbürger sei. Altayli gehe es zwar den Umständen entsprechend gut. Er habe aber 2013 einen leichten Schlaganfall erlitten, in der Vergangenheit Magenblutungen gehabt und leide zudem unter hohem Blutdruck, so die Tochter.

Im vergangenen Jahr war es wegen der Inhaftierung mehrerer Deutscher zu einer Krise zwischen Berlin und Ankara gekommen. Druck der Bundesregierung hatte vor gut einem Monat zur Freilassung Deniz Yücels geführt. Die Türkei bemüht sich seit einiger Zeit um eine Normalisierung der Beziehungen. Nach Yücels Entlassung sind nach Angaben des Auswärtigen Amtes noch vier Deutsche aus politischen Gründen in der Türkei inhaftiert: Altayli und drei weitere Bundesbürger, deren Identität nicht bekannt ist.

In den vergangenen Jahren hatte Altayli vor allem als Publizist gewirkt. Kritisch stand er der vom türkischen Staatspräsidenten Recep Tayyip Erdogan betriebenen Annäherung an Russland gegenüber. Altayli ist Jurist und war nach eigener Aussage 1968 vom türkischen Geheimdienst MIT zur Forschung über Osteuropa-Recht nach Deutschland entsandt worden. Beim MIT blieb er demnach bis 1973. In den 1980er-Jahren vertrat er die ultranationalistische Partei MHP in der Bundesrepublik. Ihr Vater gehöre der MHP aber seit Jahren nicht mehr an, sagte Zehra Der. dpa/nd

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