Deutsche Patrouillenboote für Saudi-Arabien

Bundesregieurng genehmigt die Lieferung von acht Patrouillenbooten an das saudische Königreich

  • Michael Fischer
  • Lesedauer: 4 Min.

Ungeachtet der Beteiligung Saudi-Arabiens am Jemen-Krieg hat die Bundesregierung die Lieferung von acht Patrouillenbooten an das Königreich genehmigt. Das teilte Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) dem Wirtschaftsausschuss des Bundestags in einem Schreiben mit, das der Deutschen Presse Agentur und dem ZDF vorliegt. Die Boote werden auf der Lürssen-Werft im vorpommerschen Wolgast gebaut.

Union und SPD hatten sich in den Koalitionsverhandlungen auf einen Exportstopp für alle Länder verständigt, die »unmittelbar« am Jemen-Krieg beteiligt sind. Es wurde aber ein Bestandsschutz für bereits erteilte Vorgenehmigungen in den Koalitionsvertrag eingebaut. Diese Klausel wurde jetzt offensichtlich bei den Patrouillenbooten angewendet.

In Wolgast hängen etwa 300 Arbeitsplätze an dem Auftrag aus Saudi-Arabien. Nach den Rüstungsexportrichtlinien der Bundesregierung darf die Sicherung von Arbeitsplätzen aber nicht relevant für eine Exportentscheidung sein. Es soll ganz nach sicherheitspolitischen Kriterien entschieden werden.

Die Lürssen-Gruppe wollte sich zu Genehmigungsverfahren und Auftragsdetails nicht äußern. Die technologisch anspruchsvolle Serienfertigung der Küstenwachboote trage maßgeblich zur Erhaltung und zur Weiterentwicklung der fertigungstechnologischen Fähigkeiten und des Leistungsspektrums bei und werde auch in den kommenden Jahren einen wesentlichen Beitrag zur Auslastung des Wolgaster Werftstandortes leisten, sagte ein Unternehmenssprecher.

Saudi-Arabien ist unbestritten unmittelbar mit Luftangriffen und Bodentruppen am Jemen-Krieg beteiligt. Das mächtige Königreich führt eine Allianz von neun Staaten an, die seit 2015 in dem ärmsten Land auf der arabischen Halbinsel gegen die vom Iran unterstützten Huthi-Rebellen kämpft.

Deutschland verdient 161,9 Millionen Euro durch Rüstungsexporte

Seit der Sondierungsvereinbarung zwischen Union und SPD vom 12. Juni, die bereits den Exportstopp enthielt, hat die Bundesregierung insgesamt drei Rüstungsgeschäfte mit Saudi-Arabien und dem ebenfalls zur Kriegsallianz zählenden Emirat Kuwait genehmigt. Zusammen haben die drei Exporte einen Wert von 161,9 Millionen Euro. Das geht aus einer Antwort des Wirtschaftsministeriums auf eine Anfrage des Grünen-Abgeordneten Omid-Nouripour hervor, die der dpa vorliegt. Der größte Teil der Summe dürfte auf die acht Patrouillenboote entfallen.

Der Exportstopp war in den Sondierungsgesprächen von der SPD durchgesetzt worden und war eigentlich als Zeichen einer restriktiven Rüstungspolitik gedacht, im Koalitionsvertrag wurde die Formulierung dann aber so weit aufgeweicht, dass sie Hintertüren für Exportgenehmigungen offen lässt.

Dem Bundessicherheitsrat gehören Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und mehrere Minister an, darunter Außenminister Heiko Maas (SPD), Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) und Innenminister Horst Seehofer (CSU). Die Entscheidung über das Millionengeschäft mit Saudi-Arabien ist die erste Rüstungsexportentscheidung des nach der Regierungsbildung neu formierten Gremiums. Und es ist eine der ersten Amtshandlungen der neuen Regierung überhaupt.

»Die Ankündigung der Bundesregierung einer restriktiven Rüstungsexportpolitik pulverisiert sich nach nur einer Woche«, sagte der Grünen-Außenexperte Nouripour der dpa. »Saudische Patrouillenboote sichern die Seeblockade und damit die humanitäre Notlage In Jemen ab. Die große Koalition leistet dem nun aktiv Beistand. Das ist eine moralische Bankrotterklärung.«

Die Bundesregierung bestreitet allerdings, dass die Boote für die Seeblockade eingesetzt werden und betont stets, dass sie zur Grenzsicherung vorgesehen seien. »Die Bundesregierung hat keine Erkenntnisse, die Anlass zum Zweifel an dem angegebenen Zweck geben«, erklärte die Regierung erst im Februar auf eine parlamentarische Anfrage.

Auch die Linke kritisiert die Exporte scharf. »Die neue Bundesregierung setzt die verhängnisvolle Aufrüstung der Jemenkriegskoalition fort, als hätte es die Bundestagswahl nicht gegeben«, sagte Außenexperte Stefan Liebich der dpa. »Wenn sich das nicht ändert, sind die Aussagen im Koalitionsvertrag nichts wert. Den Preis dafür zahlt die Zivilbevölkerung im Jemen.«

Rüstungsexporte werden zwei Mal von der Regierung genehmigt: vor der Vertragsunterzeichnung, um dem Unternehmen Planungssicherheit zu geben, und dann endgültig kurz vor der Auslieferung. Dazwischen können Jahre liegen – so wie jetzt auch bei den Patrouillenbooten. Insgesamt ist die Lieferung von rund 100 der etwa 35 Meter langen bewaffneten Boote im Gespräch. Bis zum August 2017 wurden aber erst drei ausgeliefert. dpa

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