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Schleudersitze im Weißen Haus
Minister, Berater, Vertraute – die Liste der Abgänge aus dem Team von US-Präsident Trump wird immer länger
»You're fired – Du bis gefeuert!« Mit diesem Satz wurde ein bis über den Kopf verschuldeter New Yorker Baulöwe über Nacht zum landesweit bekannten TV-Star. Nicht weil der selbst ernannte große Macher Donald Trump einen genialen Einfall gehabt hätte, sondern weil er ganz zufällig von einem berühmten Fernsehproduzenten entdeckt wurde für eine Show, die seinem Naturell und seinem Selbstbild entspricht: Er der Boss und stinkreich, sind alle anderen nur Azubis und müssen nach seiner Pfeife tanzen. So auch der Titel der Sendung: »The Apprentice«. Allein er, Richter und Henker in Personalunion, entscheidet, wer es im rohem Spiel jeder gegen jeden richtig macht und überleben darf – oder eben geschasst wird.
Trump war in seinem Element. Und als er die politische Bühne für sich entdeckte und sie in der Rolle des populistischen Milliardärs ohne Beißhemmungen eroberte, übertrug der erratische Egomane diese Philosophie auch aufs Weiße Haus. Rechte Gesinnung, Vetternwirtschaft und unerbittliche Konkurrenz, die angeblich das politische Geschäft beleben soll, haben zu einer unerquicklichen Melange geführt. Wer nicht spurt, fliegt, die Abschussliste wird immer länger, das Chaos im Weißen Haus immer größer.
Wer wackelt noch, gilt als gefährdet oder besonders in der Kritik? Auch diese Liste ist lang:
Robert Mueller (FBI-Sonderermittler), Jeff Sesssions (Justizminister), Davild Shulkin (Minister für die Veteranen), Scott Pruitt (Chef der Umweltbehörde), John Kelly (Stabschef), Betsy DeVos (Erziehungsministerin), Ben Carson (Wohnungsbauminister)...
»Alle Mitarbeiter sagen: Trump ist wie ein Kind. Seine Wünsche müssen sofort befriedigt werden. Es geht immer nur um ihn«, fasst der Buchautor Michael Wolff (»Fire and Fury«) seine Beobachtungen in der Zentrale der Macht zusammen. »Der Präsident möchte sicherstellen, dass er die richtigen Leute zur rechten Zeit an den richtigen Stellen hat«, so erklärte Trumps Sprecherin Sarah Sanders das sich so rasant drehende Personalkarussell im Weißen Haus und die anhaltenden Spekulationen über weitere Wechsel.
Mäßigende Mahner nerven den Präsidenten offensichtlich nur, ob es nun um Strafzölle oder Nordkorea geht. Letztlich hört Trump nur auf Trump und präsentiert das Weiße Haus als große Reality-Show. Nur spürt die Welt die Folgen im wahren Leben.
Sally Yates
30. Januar 2017
Sally Yates war die Erste: Präsident Trump feuert die amtierende Justizministerin und Chefanklägerin, offiziell vor allem wegen ihres Widerstandes gegen seine Einwanderungspolitik. Sie war noch von seinem Vorgänger Barack Obama ernannt worden.
Michael Flynn
13. Februar
Nach nur 23 Tagen im Amt nimmt Trumps Nationaler Sicherheitsberater seinen Hut. Er ist in die Russland-Affäre über eine etwaige Wahlbeeinflussung verstrickt. Obwohl er nach Aufforderung des Präsidenten zurücktritt, bezeichnet ihn Trump als Opfer einer Medienkampagne.
James Comey
9. Mai
Trump feuert den FBI-Chef, weil der in Sachen Russland nicht locker lassen will. Es ist eine folgenreiche Entscheidung. Denn die Affäre wird nicht beendet, sie nimmt immer weiter Fahrt auf.
Mike Dubke
30. Mai
Nach nur drei Monaten im Amt wirft Trumps erster Kommunikationsdirektor hin – »aus persönlichen Gründen«, wie er erklärt. Näher äußerten sich weder er noch das Weiße Haus.
Walter Shaub
6. Juli
Walter Shaub ist Direktor des unabhängigen Büros für Regierungsethik – und gibt nach wenigen Monaten entnervt auf.
Sean Spicer
21. Juli
Als ihm Anthony Scaramucci als Kommunikationsdirektor vor die Nase gesetzt werden soll, mag der Präsidentensprecher nicht mehr und geht. Trump kommt es zupass. Er war mit Spicer unzufrieden, wirkte der doch in seinen Pressebriefings oft überfordert.
Michael Short
25. Juli
Auch der stellvertretende Pressesprecher tritt zurück. Zuvor hatte der neue Kommunikationsdirektor Scaramucci bei »Politico«, einem der wichtigsten Medien im Washingtoner Politikbetrieb, laut über seine Kündigung nachgedacht.
Reince Priebus
28. Juli
Trumps Stabschef verlässt seinen Posten – freiwillig, wie er erklärt. Andere sagen, der Präsident habe ihn gefeuert. Scaramucci hatte ihn bezichtigt, hinter der Weitergabe von Insider-Informationen an Medien zu stecken. Trump soll ihn für nicht durchsetzungsfähig genug gehalten haben.
Anthony Scaramucci
31. Juli
Mit nur zehn Tagen im Amt des Kommunikationsdirektor hält der Ex-Wall-Street-Banker den Negativrekord im Weißen Haus. Sein Mobbing gegen Priebus war zwar im Sinne Trumps, doch hat Scaramucci den Bogen überspannt. Seine Entlassung wurde offenbar vom neuen Stabschef John Kelly veranlasst.
Steve Bannon
18. August
Der Publizist war von Trump im August 2016 für den Wahlkampf verpflichtet worden und anschließend der ultrarechte Chefstratege in seinem Team. Im Weißen Haus legte er sich mit vielen an und stand lange in der Kritik, bis er gehen musste.
Sebastian Gorka
25. August
Der 46 Jahre alte Präsidentenberater stand ebenfalls wegen seiner Kontakte zu rechtsextremen Gruppen in der Kritik und verließ schließlich das Weiße Haus.
Tom Price
29. September
Der Gesundheitsminister trat zurück, nachdem er für einen Skandal gesorgt hatte – mit teuren Charterflügen auf Staatskosten, in sieben Monaten für umgerechnet 340 000 Euro. Und er scheiterte an der Abschaffung der Gesundheitsreform von Barack Obama, eines der Hauptziele Trumps.
Dina Powell
12. Januar 2018
Die Stellvertretende Sicherheitsberaterin hatte ihren Rückzug schon im Dezember angekündigt. Die Investmentbankerin sagte, sie gehe in gutem Einvernehmen, und kehrte zu Goldman Sachs zurück.
Rob Porter
7. Februar
Der Stabssekretär im Weißen Haus musste zurücktreten, nachdem ans Licht gekommen war, dass ihm seine beiden Ex-Frauen häusliche Gewalt vorwerfen.
Hope Hicks
27. Februar
Die Kommunikationschefin und enge Trump-Vertraute teilt mit, dass sie das Weiße Haus verlassen werde. Das 29-jährige Ex-Model war lange für die Trump-Familie tätig. Zuletzt wurde sie im Kongress in der Russland-Affäre angehört – einen Zusammenhang mit ihrem Rückzug gebe es aber nicht.
Gary Cohn
6. März
Trumps Wirtschaftsberater kündigt seinen Rückzug an. Der ehemaliger Vorstand von Goldman Sachs lehnt die Strafzölle auf Aluminium und Stahl ab, die der Präsident zuvor angekündigt hatte.
Rex Tillerson
13. März
Trump verkündet auf Twitter, dass der Außenminister seinen Posten räumt. Der Präsident entließ ihn nach eigener Aussage wegen »Meinungsunterschieden« in zentralen außenpolitischen Fragen und unterschiedlichen »Denkweisen«.
John McEntee
13. März
John McEntee war der am längsten dienende politische Mitarbeiter und persönliche Assistent Trumps. Der 27-Jährige wurde fristlos entlassen. Angeblich habe es Sicherheitsbedenken gegeben.
Steve Goldstein
13. März
Von Trump erst im Dezember als Staatssekretär im Außenministerium nominiert, wurde Steve Goldstein gefeuert, nachdem er einige Stunden zuvor öffentlich die Umstände der Entlassung von Außenminister Tillerson kritisch kommentiert hatte.
Andrew McCabe
16. März
Der FBI-Vizedirektor trat am 29. Januar 2018 zurück, wurde »wegen Weitergabe interner Informationen« zum einfachen Agenten degradiert und zwei Tage vor Erreichen seines Pensionsanspruches gefeuert. McCabe hatte als einer der ersten in der Russland-Affäre Trumps ermittelt.
H.R. McMaster
22. März
Herbert Raymond McMaster galt als konservative Stimme der Vernunft, angeblich kein Ja-Sager. Was dem Drei-Sterne-General laut Beobachtern auch den Job gekostet haben dürfte – selbst wenn Trump die Verkündung seines Ausscheidens via Twitter mit großem Lob garnierte.
John Dowd
22. März
John Dowd war der wichtigste Rechtsberater von US-Präsident Donald Trump in der Russland-Affäre. Nun habe der Jurist seinen Posten aufgegeben, wie die »New York Times« am 22. März berichtete. Der Grund: Der US-Präsident hörte nicht auf ihn.
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