- Sport
- 50+1 Regel
»Der Fußball gehört den Fans«
Ewald Lienen, Technischer Direktor des FC St. Pauli, über Tradition, Strukturen und Zukunft des Sports
Auf Antrag Ihres Vereins FC St. Pauli stimmten die DFL-Klubs für eine Beibehaltung der 50+1-Regel. Macht Sie das stolz?
Nein. Das wird jetzt auch völlig falsch eingeschätzt. Von den 34 anwesenden Vereinen haben 18 zugestimmt, neun haben sich enthalten, vier waren dagegen und drei haben gar nicht erst mitgemacht, weil sie eben diese Vereine sind, die sowieso schon anders finanziert werden. Und zwei Vereine waren gar nicht da. Es ist also nur eine knappe Mehrheit. Und verändert hat sich damit jetzt auch noch nichts.
Ewald Lienen war am Donnerstag als Ehrengast auf dem Fußballfilmfestival »11mm« in Berlin. Sein Verein, der FC St. Pauli, hatte am gleichen Tag auf der Mitgliederversammlung der Deutschen Fußball Liga dafür gesorgt, dass die 50+1-Regel vorerst erhalten bleibt. Am Rande des Festivals sprach Alexander Ludewig mit dem ehemaligen Profi, Trainer und jetzigen Technischen Direktor des Hamburger Zweitligisten über die Zukunft des Fußballs.
Foto: imago/pmk
Waren Sie zumindest überrascht? Denn eine Entscheidung war ja erst zum Ende des Jahres angekündigt worden.
Nein. Es hätte mich überrascht, wenn der Antrag abgelehnt worden wäre.
Warum?
Weil sich alle darüber im Klaren sind, dass wir diese Struktur erhalten müssen. Und die negativen Auswirkungen, wenn diese Regel fallen würden, müssen wir verhindern.
Was heißt das genau?
Der Fußball gehört den Fans. Und einen Ausverkauf unserer Vereine dürfen wir nicht zulassen. Man kann nicht Traditionsvereine in die Hände von Leuten geben, nur weil sie viel Geld haben. Denn selbst wenn man Investoren irgendwelche Bedingungen setzen würde, läuft es in der Realität dann anders. Wir können es ja jetzt schon in Derutschland beobachten.
Dem Investor von 1860 München gehören vielleicht 80, 90 Prozent der Anteile. Er hat aber nur 49 Prozent des Stimmrechts. Und trotzdem passiert das, was er will. Weil er immer damit droht, dass er sonst sein Geld wieder abzieht. Und dann ist der Verein ruiniert. Eine ähnliche Situation gibt es in Hamburg beim HSV. Wenn Klaus-Michael Kühne nicht immer wieder Geld geben würde, wäre der Klub schon vor Jahren pleite gewesen. Also setzt der Kühne die Rahmenbedingungen. Insofern hat der Donnerstag zumindest ein gutes Signal gesendet.
Sie sagten, es hat sich noch nichts verändert. Was muss sich ändern?
Es geht natürlich auch darum, unseren Fußball attraktiver zu machen. Wenn immer Bayern München Meister wird, hat irgendwann keiner mehr Lust darauf. Und auch international müssen wir aufpassen, nicht den Anschluss zu verlieren. Wie man das macht, weiß ich allein jetzt nicht. Deshalb muss genau darüber diskutiert werden.
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