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Schwarz-rot-grüne Koalition in Frankfurt/Main prüft 365-Euro-Jahresticket für Nahverkehr

  • Hans-Gerd Öfinger
  • Lesedauer: 4 Min.

In der schwarz-rot-grünen Koalition im Römer, dem historischen Rathaus der Bankenmetropole Frankfurt am Main, hat eine Debatte über die Einführung eines 365-Euro-Jahrestickets für Busse und Bahnen begonnen. So ließ dieser Tage eine Meldung aufhorchen, wonach die drei tonangebenden Fraktionen von SPD, CDU und Grünen einen entsprechen Prüfauftrag an den Magistrat erteilt haben. Darin wird die Stadtregierung aufgefordert, detailliert zu untersuchen, wie das bereits im zurückliegenden Wahlkampf für die Oberbürgermeisterwahl diskutierte 365-Euro-Ticket finanziert werden könnte. Bei dem Vorstoß dürfte auch der Umstand eine Rolle spielen, dass das Bundesverwaltungsgericht kürzlich mögliche Fahrverbote für Dieselfahrzeuge in Innenstädten für rechtens erklärte.

Frankfurt am Main ist die größte hessische Stadt und zieht Tag für Tag rund 350.000 Einpendler aus Hessen und angrenzenden Bundesländern an. Die Straßen sind chronisch überlastet. Wer mit Zügen des Nah- und Regionalverkehrs aus dem Umland anreist, fühlt sich oftmals wie in einer Sardinenbüchse. Gleichzeitig gehören die Tarife im Rhein-Main-Verkehrsverbund (RMV) rund um die hessische Metropole zu den teuersten der Republik.

Vor diesem Hintergrund hatte der kürzlich wiedergewählte Frankfurter Oberbürgermeister Peter Feldmann (SPD) im zurückliegenden Winter für Aufsehen gesorgt, als er in seiner Funktion als Vorsitzender des RMV-Aufsichtsrats Preissenkungen für bestimmte Tarife im Frankfurter Stadtgebiet durchsetzte. So wurden etwa das Tagesticket für beliebig viele Fahrten von morgens bis nach Mitternacht stadtweit von 7,20 auf 5,35 Euro und der Einzelfahrschein für Erwachsene von 2,90 Euro auf 2,75 Euro verbilligt.

Feldmanns Alleingang dürfte zu seinem haushohen Sieg in der OB-Stichwahl über seine CDU-Mitbewerberin Bernadette Weyland beigetragen haben. Gleichzeitig allerdings sorgte Feldmanns Vorstoß im RMV-Aufsichtsgremium für Verstimmung in der Römer-Koalition. Dem Einwand der Christdemokraten, dass die Stadt die Tarifsenkungen mit rund drei Millionen Euro pro Jahr finanzieren müsse, hielt Feldmann die Prognose entgegen, dass die Vergünstigung - quasi als Selbstläufer - mehr Fahrgäste anlocken und damit auch höhere Einnahmen erbringen werde.

Die Debatte über das 365-Euro-Jahresticket wird auch beflügelt durch das auf Landesebene eingeführte Schülerticket. Damit können hessische Schüler, Auszubildende, Volontäre und junge Menschen in Freiwilligendiensten für einen Euro pro Tag alle Bahnen und Busse des Nahverkehrs landesweit und in einzelnen angrenzenden Gebieten benutzen. Zudem fahren seit Jahresbeginn die 145.000 hessischen Landesbediensteten kostenlos im Öffentlichen Personennahverkehr. Dies wurde vor einem Jahr zwischen Gewerkschaften und schwarz-grüner Landesregierung in einem Tarifvertrag festgeschrieben. Für Studierende an hessischen Hochschulen gilt zudem seit Jahrzehnten der Semesterausweis als regionaler Fahrschein für Busse und Bahnen. Solche Zugeständnisse machen naturgemäß Appetit auf mehr. Denn sie werfen die Frage auf, warum solche Regelungen nicht auch für bedürftige und letztlich für alle Menschen eingeführt werden, um ein generelles Recht auf Mobilität durchzusetzen und den Straßenverkehr samt Umweltbelastungen deutlich zu reduzieren.

Ob es in Sachen 365-Euro-Jahresticket bei einem Alibi-Antrag bleibt oder ob die schwarz-rot-grüne Koalition im Römer das Projekt tatsächlich in Angriff nimmt, bleibt abzuwarten. So zeigt sich auch die oppositionelle Linksfraktion im Römer, die seit geraumer Zeit ein Sozialticket und eine Konzept für den raschen Einstieg in den Nulltarif im öffentlichen Nahverkehr fordert, eher skeptisch. Dies zumal vor allem die Frankfurter CDU solche Forderungen pauschal für »nicht finanzierbar« hält. Ein Antrag der Linksfraktion zur Erstellung einer Machbarkeitsstudie für den Nulltarif in der Bankenmetropole wurde von der Römer-Koalition abgelehnt.

Auch bei der Beschaffung von Bussen mit schadstoffarmen elektrischen Antrieben für den örtlichen Nahverkehr und bei der Infrastruktur für Elektromobilität sei Frankfurt am Main im Vergleich mit anderen Metropolen eher Schlusslicht, bemängelt der Stadtverordnete und Ko-Fraktionsvorsitzende Martin Kliehm (LINKE). So habe man in Frankfurt jetzt lediglich fünf Elektrobusse bestellt. In anderen Metropolen seien solche umweltfreundlichen Fahrzeuge bereits in hoher Zahl im Einsatz, so Kliehm.

Auch die Tatsache, dass es stadtweit derzeit lediglich 36 Ladestationen für Elektroautos gebe, sei alles andere als zufriedenstellend. Für eine Verkehrswende seien ein massiver Ausbau der öffentlichen Verkehrsangebote und spürbare Preissenkungen nötig, verlangt Kliehm. Und er erinnerte daran, dass der Autoverkehr nach wie vor viele Todesfälle durch Atemwegs- und Herz-Kreislauf-Erkrankungen verursache.

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