Löwen sauer nach Doppelpleite
Die deutschen Handballmeister verlieren fast zeitgleich Spiele in der Bundesliga und der Champions League
Die Doppelpleite von Kiel und Kielce nagte an den Protagonisten beim deutschen Handballmeister Rhein-Neckar Löwen. »Das war ein Scheiß-tag für uns, ein Scheißtag für den Verein und ein Scheißtag für den Handball«, beschrieb Kapitän Andy Schmid mit drastischen Worten die Situation nach dem 22:27 des Titelverteidigers bei Rekordchampion THW Kiel.
Nicht die schwache erste Hälfte gegen die starken Kieler, nicht das Verpassen von zwei wichtigen Punkten im Kampf um die dritte Meisterschaft nacheinander, nicht das Ende der Serie mit elf Bundesligasiegen verärgerten den Tabellenführer. Vielmehr regten sich Schmid und die Verantwortlichen des Klubs über die Folgen des abstrusen Terminstreits zwischen Bundesliga (HBL) und europäischem Handballverband EHF auf. Nur zwei Stunden zuvor hatten die Löwen 900 Kilometer entfernt mit ihrer zweiten Mannschaft das Achtelfinalhinspiel der Champions League bei KS Vive Kielce bestreiten müssen - und waren hoffnungslos unterlegen. Nach dem 17:41 ist die Saison in der Königsklasse so gut wie beendet. »Wir sind jetzt die kompletten Idioten. Dieser Tag wird nicht in die positive Geschichte des Klubs eingehen«, sagte Schmid. »Wir als Verein sagen nicht: Wir möchten keine Champions League spielen. Das war ein Riesenhickhack.«
Ob es sinnvoller gewesen wäre, mit den Stars nach Kielce und dem B-Team nach Kiel zu fahren, war müßig zu diskutieren. Die Löwen hätten es sich wegen der Liveübertragung der ARD kaum erlauben können, mit einer Nachwuchsauswahl zum Topduell der Liga zu reisen. »Klar kann man sagen: Wenn man zweimal verliert, hätte man es vielleicht anders machen können«, meinte Trainer Nikolaj Jacobsen. Denn es wäre möglich gewesen, das Heimrecht im Rückspiel zu tauschen. Dann hätten die Badener schon vor dem Samstag zunächst in Mannheim gegen Kielce spielen können. Das wollten sie aber nicht.
Ohne sich mit der EHF abzustimmen, hatte die HBL zuvor das Topspiel in Kiel auf diesen Samstag gelegt. Das hatte die Liga gemäß des TV-Vertrages mit der ARD vereinbart, die das Spiel zur besten Sendezeit und an einem Wochenende ohne Fußballbundesliga live übertrug.
So durfte der Nachwuchs mit vier A-Jugendlichen das Abenteuer Champions League erleben. Die Profis von Kielce waren überrascht, wem sie gegenüberstanden. »Für uns war das eine merkwürdige Situation, wir wussten bis zum Aufwärmen nicht, welche Mannschaft da heute auf dem Feld steht«, meinte Kielces Trainer Talant Dujshebaew. Es sei unbegreiflich, dass ein Achtelfinale unter solchen Bedingungen ausgetragen wird. »Niemand ist glücklich heute, auch wir nicht, selbst wenn wir gewonnen haben.« Auch wenn das Ergebnis deutlich ausfiel, schlugen sich die Gäste achtbar gegen die Stars. »Es klingt schon komisch, wenn man als Trainer nach einer 17:41-Niederlage zufrieden ist«, sagte Trainer Michel Abt. »Wir haben teilweise richtig guten Handball gespielt und viel aus unseren Möglichkeiten gemacht.« dpa/nd
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