Bombenwerkstatt ausgehoben
Das bayerische Landeskriminalamt prüft, ob es nach dem Zufallsfund einen extremistischen Hintergrund gibt
Schweinfurt. Der Fund von Chemikalien und Sprengstoff in einer Schweinfurter Obdachlosenwohnung ist mysteriös und gibt den Ermittlern Rätsel auf. Das Landeskriminalamt (LKA) prüft nun, ob Anhaltspunkte für eine extremistische Tat vorliegen. Die Ermittlungen konzentrieren sich auf einen 35 Jahre alten Mann. Er sollte noch am Dienstag dem Ermittlungsrichter vorgeführt werden, wie ein Sprecher des LKA sagte. Der deutsche Staatsbürger war am Montag, als die Polizei das Gebäude abgesperrt hatte, an die Absperrung getreten und hatte gesagt, die gefundenen Chemikalien gehörten ihm. Daraufhin wurde er festgenommen.
Ersten Untersuchungen zufolge habe es sich um den Stoff Triacetontriperoxid TATP gehandelt, sagte der LKA-Sprecher. Dieser Sprengstoff gilt als sehr instabil und hoch explosiv. Deshalb sei er direkt unschädlich gemacht worden. In einer Grube auf einer Wiese wurde der Sprengstoff in der Nacht zum Dienstag kontrolliert gesprengt; etwa 100 Menschen mussten deshalb ihre Wohnungen vorsichtshalber verlassen.
Ein Gerichtsvollzieher hatte am Montag die Polizei verständigt, nachdem er im Rahmen einer Zwangsräumung in der Sozialunterkunft etliche Chemikalien entdeckt hatte. Die Wohnung hatte zuletzt eine 30 Jahre alte Frau bewohnt, die vorläufig festgenommen wurde, inzwischen aber wieder auf freiem Fuß ist. Auch zwei weitere Männer, die die Polizei festgenommen hatte, sind wieder frei.
Insgesamt stießen die Ermittler in der Wohnung auf mehr als 30 Liter Chemikalien und ein Kilogramm selbst hergestellten Sprengstoff. Um Welche Chemikalien es sich dabei handelte, gab das LKA zunächst nicht bekannt.
Der Sprengstoff TATP lässt sich mit sehr einfachen Mitteln herstellen, die Hauptzutaten können etwa Nagellackentferner und Haarbleichmittel sein - das ist billig und hat eine hohe Wucht, was den Stoff attraktiv für Kriminelle macht.
TATP, im Nahen Osten auch bekannt als »Mutter des Satans«, wurde bei den Terroranschlägen in London 2005 und in Paris 2015 benutzt. Auch bei den mutmaßlichen Attentätern von Brüssel 2016 fanden ihn Ermittler.
Sprengstoffe auf der Basis von Peroxid sind mitunter auch für den Kriminellen hochgefährlich. Ohne Fachwissen und Vorsichtsmaßnahmen kann das Mischen in einer tödlichen Explosion enden. Der fertige Sprengstoff kann zudem beim Umfüllen in ein Gefäß seinem Hersteller um die Ohren fliegen. Dann kommt der Transport: Sowohl Erschütterung als auch hohe Temperaturen oder Reibung können eine schwere Detonation auslösen. Die Gefahr davor war auch der Grund, warum der Sprengstoff am Montag in Schweinfurt noch vor Ort in einer Grube kontrolliert gesprengt wurde. dpa/nd
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