Die Provokation steckt im Detail

Johanna Treblin über die Versammlungsfreiheit am 1. Mai

  • Johanna Treblin
  • Lesedauer: 2 Min.

Es war eine gelungene Provokation zum 30. Jahrestag der 1.-Mai-Krawalle: dass die Veranstalter im vergangenen Jahr ankündigten, die Kreuzberger 18-Uhr-Demo nicht polizeilich anzumelden.

Auch dieses Jahr bleiben sie dabei - doch der große Aufreger kann es kein zweites Mal werden. Schließlich hat sich 2017 gezeigt, dass es keinen Unterschied macht, ob bei einer Demonstration, von der alle wissen, dass, wann und wo sie stattfindet, der Dienstweg eingehalten wird.

Die Provokation steckt dieses Mal eher im Detail. Zwar geht es wie in den vergangenen Jahren darum, den verschiedenen sozialen Bewegungen und Kämpfen einen Raum zu geben, sich Öffentlichkeit zu verschaffen: Gentrifizierung ist wieder ein Thema, auch der Rechtsruck in den Parlamenten. Dominieren wird den Demonstrationszug aber der Krieg der Türkei gegen die Bevölkerung in den kurdischen Gebieten Syriens.

Die Demonstranten wollen ihre Solidarität mit den kurdischen Befreiungsbewegungen deutlich machen. Und zeigen, dass sie mit der Politik der Bundesregierung, ihrer »Kumpanei mit der Türkei«, wie es ein Veranstalter ausdrückte, nicht einverstanden sind. Sie wollen »alle« Fahnen der kurdischen Bewegungen schwenken: auch solche mit verbotenen Symbolen.

Die Revolutionäre 1.-Mai-Demonstration macht sich damit nicht nur zu einem Politikum im Land Berlin, sondern bezieht Stellung zu einem internationalen Konflikt. Die Türkei schaut sehr genau darauf, wie Deutschland sich in der Kurdenfrage positioniert.

Interessant wird also sein, ob die Polizei - quasi in vorauseilendem Gehorsam gegenüber der Türkei - repressiv gegen die Demonstranten vorgehen wird oder nicht. Statt vorzuleben, dass die Gewährung freier Meinungsäußerung zu einer Demokratie dazu gehört.

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