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König von Freiburg
Dieter Salomon war erster grüner Oberbürgermeister - 16 Jahre sind ihm nicht genug
Was seine Amtszeit angeht, lässt Dieter Salomon die Bundeskanzlerin längst hinter sich. Jene 16 Jahre, die Angela Merkel nun in Angriff genommen hat, regiert der Freiburger Oberbürgermeister schon. Und weitere acht sollen dazukommen. Am 22. April tritt der Grünen-Politiker erneut zur Wahl des Stadtoberhauptes an.
Dieter Salomon ist einer der Vorzeigegrünen Baden-Württembergs, jenes Landesverbandes, von dem linke Grüne einst sagten, dass er der Tod der Partei sein werde, weil dort die Realos in so hoher Dichte vertreten seien, dass man die Partei nicht von der CDU unterscheiden könne. So realoferne Linke gibt es inzwischen bei den Grünen wahrscheinlich gar nicht mehr. Sie sind vergessen wie die Debatten um das Rotationsprinzip in der Partei, das mittels regelmäßiger Wechsel in der Ämterbesetzung verhindern sollte, dass Parteimitglieder zu viel Macht erlangen.
Als Dieter Salomon, ein im australischen Melbourne geborener, promovierter Politikwissenschaftler mit gewinnendem Charme und unnachgiebiger Entschlusskraft, 2002 zum ersten grünen Oberbürgermeister einer deutschen Großstadt gewählt wurde, stand die politische Öffentlichkeit Kopf. Die Grünen und Regieren! Inzwischen hat Salomon im Ländle Verstärkung bekommen - mit seinen Parteifreunden Fritz Kuhn in Stuttgart und Boris Palmer in Tübingen. Und mit Winfried Kretschmann, der als Ministerpräsident schon die zweite Amtsperiode regiert, seit 2016 mit der CDU. Die Baden-Württemberger Grünen dominieren den Kurs der Partei, die nach der Bundestagswahl schon drauf und dran war, in einer Jamaikakoalition im Bund den eigenen Opportunismus auszuloten. Bekanntlich scheiterte das nicht an ihnen, sondern an den Liberalen, die fürchteten, in dieser Konstellation ihre Glaubwürdigkeit zu verlieren.
Eigentlich müsste Dieter Salomon jetzt dieser Kretschmann sein. Als Vorsitzender der Grünenfraktion im Stuttgarter Landtag zog er es 2002 jedoch vor, als Oberbürgermeister zu kandidieren, weil Opposition ihm frustrierend fruchtlos erschien. Winfried Kretschmann übernahm den Posten und hielt bis 2011 durch. Als die erste grün-rote Landesregierung installiert wurde, war Dieter Salomon bereits neun Jahre Oberbürgermeister in Freiburg und hatte die Geschicke der Universitätsstadt fest im Griff. Immer mal machte er von sich reden, wenn sein Auftreten vielen Menschen zu wenig grün erschien.
Als Mann mit harter Hand zeigte Salomon sich etwa im Umgang mit Aussteigern, Punks und Obdachlosen in ihren Freiburger Wagenburgen »Schattenparker« oder »Kommando Rhino«, die sich Anfang der 90er Jahre auf verlassenen Unternehmensbrachen oder nahe eines Rieselfeldes niedergelassen hatten. Die wachsende Stadt rückte ihnen irgendwann auf die Pelle, und Salomon zeigte weniger Verständnis für sogenannte alternative Lebensentwürfe als für ein »Green Business-Center«, das ihren Stellplatz erhalten sollte. Bis heute rührt ein Teil seines Rufes als harter Hund aus solchen Konflikten. Zu diesen Episoden zählt auch das Alkoholverbot in der Öffentlichkeit, das die Grünen gemeinsam mit der CDU durchsetzten. Dass dieser Beschluss später von einem Gericht rückgängig gemacht wurde, weckt noch heute Salomons Unmut.
Seine Ansichten, gepaart mit seinem Hang zum Durchregieren, blieben in den eigenen Reihen nicht folgenlos. 2008 traten zwei Stadträte aus der Grünenfraktion aus. Dass sie die Unzufriedenheit auch eines Teils der Wählerschaft repräsentierten, zeigte sich bei den folgenden Kommunalwahlen. Eine von ihnen, Monika Stein, gehört nun auch zu Salomons Gegenkandidaten am 22. April.
In der festen Überzeugung aller ambitionierten Machtmenschen, dass es keinen besseren Chef geben könne, einen besseren Oberbürgermeister schon gar nicht, geht Salomon die Probleme seiner Stadt pragmatisch an. Freiburg platzt aus den Nähten, Wohnraum ist knapp, sozialer Wohnraum noch knapper. Als jedoch 2015 eine hauchdünne Ratsmehrheit beschloss, den Anteil von Sozialwohnungen im Wohnungsneubau bei mindestens 50 Prozent festzulegen, tat sie das gegen den Willen Salomons. Das kratzt an seinem Ruf, jedoch nicht an seiner Sicherheit. Bis heute kritisiert er den Beschluss. Weniger dürfte ihn berühren, wenn Naturschützer dem Grünen den Bau des neuen Fußballstadions ankreiden, weil er damit rund zwanzig Hektar wertvollen Magerrasens zu opfern bereit war. Eine grüne Handschrift kann man in der Energiebilanz Freiburgs erkennen. 2008 verkündete die Stadt voller Stolz, atomstromfrei zu sein. Dank seiner 1800 Sonnenstunden im Jahr hat Freiburg nicht nur ein mediterranes Flair, sondern auch die Bedingungen für eine entsprechende wirtschaftliche Nutzung zu bieten; Solarstrom, Energiewende und alternative Wohnparks mit Niedrigenergiehäusern, in denen die Pioniere des Wandels leben, gehören zur Freiburger und damit zu Salomons Erfolgsbilanz. Zugleich kann sich der 57-Jährige auch im Kampf gegen das antigrüne Böse profilieren - das nahegelegene französische AKW Fessenheim sorgt wegen alarmierender Sicherheitslücken regelmäßig für Gelegenheit, sich auch in bundespolitische Debatten einzumischen. Dann fordert Salomon die Kanzlerin schon mal zum Krisengipfel mit dem französischen Präsidenten auf.
Niemand zweifelt ernsthaft daran, dass Salomon auch in den nächsten acht Jahren Freiburgs Oberbürgermeister sein wird. Er selbst baut auf Amtsbonus. Einen Kandidat-O-Mat, in dem die sechs Bewerber rund 60 Fragen beantworten sollten, um Wählern die Entscheidung zu erleichtern, ließ Salomon durch Verweigerung platzen. Diese Form werde dem hochkomplexen politischen Anspruch nicht gerecht, begründete er zum Ärger der Konkurrenz seinen Boykott. Die Landeszentrale für Politische Bildung zog den Schwanz ein.
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