Ver.di will Tarifblockade durchbrechen
Streiks demonstrieren Entschlossenheit vor erster Verhandlungsrunde mit Minister Seehofer
Berlin. Hunderte annullierte Flüge, eingeschränkter Nahverkehr, Kitas, Kliniken, Verwaltungen und Hallenbäder im Notbetrieb - mehr als 60 000 Beschäftigte in acht Bundesländern beteiligten sich am Dienstag an bundesweiten Warnstreiks. An diesem Mittwoch gehen die Arbeitsniederlegung in zahlreichen Bundesländern weiter, Flughäfen sollen aber vorerst nicht mehr bestreikt werden. Wenn es nächste Woche keine Einigung in dem Tarifstreit gibt, will die Gewerkschaft ver.di die Streiks massiv ausweiten.
Der Flughafen Köln-Bonn stellte den Luftverkehr am Morgen stundenlang komplett ein, weil die Flughafenfeuerwehr die Arbeit niederlegte. An den ebenfalls bestreikten Airports Frankfurt, München und Bremen wurden Hunderte Flüge gestrichen, so dass es in der Folge auch in Berlin und Leipzig/Halle zu Ausfällen kam. Reisende mussten sich den ganzen Tag über auf erhebliche Verspätungen einstellen.
Mit den Warnstreiks will ver.di kurz vor der dritten Tarifrunde für die Beschäftigten der Kommunen und des Bundes den Druck erhöhen. Die voraussichtliche Abschlussrunde startet am 15. April in Potsdam und soll Anfang bis Mitte der Woche enden. Erwartet wird als Verhandlungsführer Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU). Der Bund und der kommunale Arbeitgeberverband VKA haben noch kein Angebot vorgelegt. Flughäfen sind betroffen, weil hier zahlreiche Kommunalbeschäftigte unter anderem beim Gepäck und bei Personenkontrollen arbeiten.
Die Gewerkschaft ver.di und der Beamtenbund dbb, der auch Angestellte vertritt, fordern für bundesweit rund 2,3 Millionen Beschäftigte sechs Prozent mehr Lohn und Gehalt, mindestens aber 200 Euro pro Monat. Der ver.di-Vorsitzende Frank Bsirske sagte: »Bislang blockieren und mauern die Arbeitgeber. Es gibt nach zwei Verhandlungsrunden noch kein Angebot. Diese Mauer wollen wir durchbrechen.«
Angesprochen auf gestrandete Fluggäste, sagte Bsirske auf dem Flughafen Frankfurt: »Nicht schön, aber angesichts des Vorlaufs glaube ich, dass das hinzunehmen ist. Denn wenn diese Verhandlungen zu keinem vernünftigen Ergebnis führen nächste Woche, dann werden wir mit Eskalationen noch ganz anderen Ausmaßes rechnen müssen.« Er setze aber darauf, dass nun Kompromissmöglichkeiten ausgelotet werden. Der Flughafenverband ADV kritisierte ver.di scharf. »Ein so genannter Warnstreik, der gleich zu wirtschaftlichen Millionenschäden bei Airlines und Flughäfen, langen Wartezeiten und massiven Flugausfällen führt, lässt jede Verhältnismäßigkeit vermissen«, sagte Hauptgeschäftsführer Ralph Beisel. Insgesamt rechnete der Flughafenbetreiber Fraport in Frankfurt für Dienstag mit insgesamt fast 660 Ausfällen bei Starts und Landungen. Das betraf rund 74 400 Reisende. Allein die Lufthansa strich an bestreikten Airports über 800 Verbindungen, in München betraf dies 240 Inlands- und Auslandsflüge. dpa/nd
Wir behalten den Überblick!
Mit unserem Digital-Aktionsabo kannst Du alle Ausgaben von »nd« digital (nd.App oder nd.Epaper) für wenig Geld zu Hause oder unterwegs lesen.
Jetzt abonnieren!
Das »nd« bleibt gefährdet
Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.