- Politik
Zuckerberg kam glimpflich davon
Trotz mancher Kritik im US-Kongress hatte der Facebook-Chef kaum große Probleme bei der Datenschutzanhörung
Es war die reinste Entschuldigungsorgie: Schon vor seiner Anhörung im Kongress hatte Facebook-Chef Mark Zuckerberg schriftlich Abbitte für den gigantischen Datenmissbrauch seines Unternehmens geleistet. Und auch während des Fragemarathons am Dienstag (Ortszeit) im US-Senat zeigte sich der Milliardär reumütig. Aus gutem Grund: Erstens ist die Sach- und Schuldlage eindeutig, und zweitens steht für den Konzern deshalb sehr viel auf dem Spiel. Er steckt in der schwersten Krise seiner 14-jährigen Geschichte. So mancher sieht schon den Anfang vom Ende des weltgrößten Online-Netzwerks. Doch dort glaubt man einen Weg gefunden zu haben, um die Zukunft zu sichern: »Es wird immer eine kostenlose Version von Facebook geben«, betonte Zuckerberg, der aber offenbar auch an einer Bezahlvariante ohne Werbung denkt.
Aber darum ging es ja primär gar nicht in der fünfstündigen Anhörung. Senator Dick Durbin von den oppositionellen Demokraten hatte sich eine besondere Forme ausgedacht, um das eigentliche Problem zu verdeutlichen: Er fragte nach dem Hotel Zuckerbergs und nach Empfängern seiner digitalen Nachrichten. Und als der sich zierte (»Ich würde das hier eher nicht öffentlich machen wollen«), wurde er vom Senator vorgeführt: »Ich glaube, das ist, warum es hier letztlich geht. Ihr Recht auf Privatsphäre. Die Grenzen Ihres Rechts auf Privatsphäre, und wie viel Sie im modernen Amerika davon aufgeben im Namen des Mottos ›Menschen auf der ganzen Welt verbinden‹.«
John Thune, Chef des Handelsausschusses im US-Senat, hatte zu Beginn der Anhörung im überfüllten Raum 216 erklärt, dass die Zeit für mehr Regulierung statt einseitiger Zusagen der Internet-Unternehmen gekommen sein könnte. Er jedenfalls sei sich nicht sicher, dass Nutzer mit vollem Verständnis der Konsequenzen ihre Daten an die Online-Firmen gäben. Beim aktuellen Datenskandal hatte der Entwickler einer Umfrage-App vor mehr als vier Jahren Informationen von bis zu 87 Millionen Nutzern unrechtmäßig an die Analyse-Firma Cambridge Analytica weitergereicht, die später auch für das Wahlkampfteam von US-Präsident Donald Trump gearbeitet hat. Wie der Facebook-Chef enthüllte, seien Mitarbeiter vom Sonderermittler Robert Mueller befragt wurden, der eine mögliche russische Einmischung in den US-Wahlkampf untersucht. Er selbst allerdings nicht.
Zuckerberg - mit Anzug und Krawatte statt wie üblich T-Shirt und Jeans - hielt sich bei seinem ersten Auftritt im Kapitol an die vorab veröffentlichte Stellungnahme: Facebook habe das Ausmaß seiner Verantwortung nicht erkannt, das sei ein großer Fehler gewesen, sein Fehler, gab er den Naiven. Daraus werde man lernen. Man arbeitete im Konzern intensiv daran, um solchen Missbrauch zu stoppen. Denn er wolle die Menschen weiter vernetzen; das werde immer wichtiger sein als die Interessen der Werbekunden - »solange ich Facebook führe«.
Im Detail vermied der 33-Jährige während der fünf Stunden allerdings oft konkrete Antworten; zumal, wenn sie auf ein Ja oder Nein hinausliefen. Vielmehr versprach er wiederholt, dass »sein Team« später Kontakt zu den fragenden Senatoren suchen werde. Auch als es darum ging, welche Daten genau und in welcher Menge von Cambridge Analytica eigentlich abgegriffen wurden, oder ob er bestimmte Gesetze zur Internet-Regulierung unterstützten würde. Vielleicht könne ja Europa ein Beispiel sein, so Zuckerberg unter allgemeinem Lachen. Offen blieb ebenfalls, wie lange es denn nun dauert, bis alle Daten eines Nutzers entfernt sind, wenn dieser seinen Facebook-Account löscht. Ein klares Nein gab es von Zuckerberg nur, als der Verdacht geäußert wurde, dass Facebook bei Gesprächen seiner Nutzer lauschen würde, um ihnen passende Werbung zu zeigen.
Letztlich kam er glimpflich davon und musste bei seiner ersten Anhörung im US-Kongress kaum Federn lassen. Doch blieb auch bei den Senatoren Skepsis. Facebook habe sich bereits in früheren Jahren immer wieder für Fehler entschuldigt - warum solle man dem Konzern jetzt vertrauen, wenn er verspricht, »notwendige Veränderungen« umzusetzen, fragte etwa der Republikaner Thune. Sein demokratischer Kollege Richard Blumenthal erinnerte daran, dass das Geschäftsmodell von Facebook darauf basiere, mit Nutzerdaten Geld zu machen; insofern reichten Zuckerbergs »vage Verpflichtungserklärungen« nicht aus. An der Börse dagegen kam sein Auftritt wohl gut an. Die Facebook-Aktie stieg im Handel um mehr als drei Prozent. Am Mittwoch musste sich Zuckerberg einer weiteren Anhörung im Abgeordnetenhaus stellen. Mit Agenturen
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