Werbung

Herzloser Pfiff

Juventus Turin hat Real Madrid am Rande des Ausscheidens, da kommt in der 7. Minute der Nachspielzeit Cristiano Ronaldo und trifft per Elfer

  • Alexander Sarter und Miguel Gutierrez, Madrid
  • Lesedauer: 3 Min.

Die unvollendete Europacupkarriere des »Heiligen Gigi« endete mit einer teuflischen Beleidigung. »Fahr zur Hölle«, schrie Gianluigi Buffon wutentbrannt dem englischen Schiedsrichter Michael Oliver ins Gesicht - und stapfte vom Feld. In den Gängen des Bernabeu-Stadions angekommen, legte die vom Platz gestellte Torwart-Ikone von Juventus Turin nach dem bitteren Aus im Viertelfinale der Champions League bei Titelverteidiger Real Madrid kräftig nach.

»Dieser Mensch hat kein Herz. Stattdessen hat er einen Mülleimer«, schimpfte Buffon über den Unparteiischen: »Wenn du keinen Charakter und keinen Mut hast, dann solltest du das Spiel auf der Tribüne anschauen und mit deiner Frau eine Sprite trinken. Dann kaufst du deinen Freunden eine Cola und Chips - und genießt die Show.«

Oliver hatte Real in der dritten Minute der Nachspielzeit nach einem Zweikampf zwischen Turins Verteidiger Medhi Benatia und Lucas Vazquez einen umstrittenen Foulelfmeter zugesprochen. Nach heftigen Protesten der Turiner, bei denen Buffon die Rote Karte sah, verwandelte Madrids Superstar Cristiano Ronaldo den Strafstoß in der 97. Minute. Das Spiel endete 3:1 (2:0) für Turin. Aufgrund des 0:3 im Hinspiel scheiterte der italienische Rekordmeister um den starken Weltmeister Sami Khedira knapp. Ohne den Elfmeter wäre die Partie wahrscheinlich in die Verlängerung gegangen - die sich die Italiener dank einer beherzten Vorstellung auch verdient gehabt hätten.

»Wir haben alles rausgehauen und einen großen Kampf geliefert. Wir können die Champions League erhobenen Hauptes verlassen«, schrieb Khedira, der den ersten Juve-Treffer durch Mario Mandzukic (2.) vorbereitet hatte, bei Twitter: »Aber Fußball ist nicht immer fair. Das müssen wir akzeptieren. Ich bin stolz, Teil dieser Mannschaft zu sein. Forza Juve!«

Während Khedira sicher weitere Chancen in der Königsklasse erhält, könnte es für Buffon ein unrühmlicher Abgang gewesen sein. Schließlich wird der 40-Jährige seine Karriere im Sommer wohl beenden. Dann bliebe es dabei, dass der Weltmeister von 2006 nie die Champions League gewonnen hat.

Das konnte Buffon nur schwer verwinden. »Nur der Referee hat ein Foul gesehen. Ein guter Schiedsrichter zerstört in diesem Moment nicht den Traum einer Mannschaft, die 90 Minuten alles gibt. Du musst Fingerspitzengefühl und ein Verständnis für wichtige Momente haben«, sagte der italienische Rekordnationalspieler: »Wenn du das nicht hast, hast du es nicht verdient, auf dem Platz zu stehen. Er hat die Tragweite seiner Entscheidung gar nicht verstanden. Das darfst du nicht pfeifen.«

Ähnlich äußerte sich der frühere Bayern-Profi Benatia. »Du kannst in der 93. Minute niemals so einen Elfmeter pfeifen. Jeder weiß, dass dieses Spiel in die Verlängerung gehen sollte«, sagte der Abwehrspieler, der den Verdacht einer Bevorteilung Reals in den Raum stellte: »Im vergangenen Jahr haben sie gegen Bayern München zwei oder drei Abseitstore gemacht, wenn ich mich nicht irre. Es ist immer dasselbe. Real ist so eine große Mannschaft - sie bräuchten keine Extrahilfe.«

In die gleiche Richtung gingen die anderen Juve-Reaktionen. Der überragende Abwehrchef Giorgio Chiellini sprach vom »größten Raub seiner Karriere«. Mittelfeldspieler Miralem Pjanic postete auf Instagram »Schande«. Für »Corriere dello Sport« war es ein »Diebstahl«. Deshalb ist nach Ansicht von Klubchef Andrea Agnelli die Zeit für die Einführung des Videobeweises in der Champions League gekommen.

Ronaldo wies die Vorwürfe der Turiner zurück. »Ich verstehe nicht, warum sie sich so aufregen«, äußerte der portugiesische Europameister und Teamkollege von Weltmeister Toni Kroos: »Für mich war es ein klarer Elfmeter.« SID/nd

Wir-schenken-uns-nichts
Unsere Weihnachtsaktion bringt nicht nur Lesefreude, sondern auch Wärme und Festlichkeit ins Haus. Zum dreimonatigen Probeabo gibt es ein Paar linke Socken von Socken mit Haltung und eine Flasche prickelnden Sekko Soziale – perfekt für eine entspannte Winterzeit. Ein Geschenk, das informiert, wärmt und das Aussteiger-Programm von EXIT-Deutschland unterstützt. Jetzt ein Wir-schenken-uns-nichts-Geschenk bestellen.
- Anzeige -

Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.

Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.

Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.

Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.