Schüler erklärt Politikern Cybermobbing

NRW: 13-Jähriger tritt in Landtagsausschuss auf

  • Bettina Grönewald, Düsseldorf
  • Lesedauer: 3 Min.

Dass ein Schüler als Experte in eine Sachverständigen-Anhörung des nordrhein-westfälischen Landtags geladen wird, ist selten. Der 13-jährige Realschüler Lukas Pohland aus Schwerte aber wird am Mittwoch neben Wissenschaftlern, Psychologen und Kinderschützern im Schulausschuss des Landesparlament sitzen. In einer Anhörung will er erklären, was ihn bewogen hat, eine Cybermobbing-Hilfe zu gründen und was er von der Politik erwartet.

In einem Brief an den Landtagspräsidenten hat der aufgeweckte Junge das bereits getan. »Vor über einem Jahr wurde eine Mitschülerin von mir selbst Opfer von digitalen Attacken im Internet. Ich setzte mich für sie ein und wurde selbst zum Opfer«, schreibt er. »Daher kann ich selbst sehr gut beurteilen, dass man so gut wie keinerlei Unterstützung seitens der Schule erhält und auch die Prävention an unserer Schule war/ist schlecht.« Lukas ergriff damals die Initiative und gründete ein Sorgentelefon für Kinder, das er seitdem gemeinsam mit anderen Jugendlichen anbietet.

Die Kölner Sozialpsychologin Catarina Katzer befasst sich seit 15 Jahren mit dem Thema und hat sich als international gefragte Expertin und Beraterin profiliert. Sie weist in ihrer Stellungnahme an den Landtag auf eine bemerkenswerte Veränderung hin: »Cybermobbing wird immer mobiler. Smartphones werden immer mehr zur digitalen Waffe.«

Inhaltlich, so Katzer, müsse konstatiert werden: »Gemeinheiten, Beleidigungen, Verleumdungen durch die Bildung von Hassgruppen in sozialen Netzwerken oder über WhatsApp nehmen deutlich zu.« Dies gelte auch für beleidigende Fotos und Videos, die über die einschlägigen sozialen Medien verbreitet werden. Aktuelle Studien gingen davon aus, dass in Deutschland derzeit mindestens 1,5 Millionen Jugendliche von Cybermobbing betroffen seien, bilanziert Katzer. Jedes fünfte jugendliche Opfer sei demnach sogar suizidgefährdet.

Für die Grünen, die die Anhörung beantragt haben, ein alarmierender Befund. Immerhin verfügten laut jährlicher Studie zu Jugend, Information und Medien fast alle Teenager über ein Smartphone, heißt es in ihrem Antrag an den Landtag. Aus dieser Erhebung des Medienpädagogischen Forschungsverbunds Südwest gehe hervor, dass jeder fünfte Jugendliche persönliche Erfahrungen mit Beleidigungen oder Verleumdungen im Netz gemacht habe.

Gemeinsam mit Kinderschützern und Psychologen fordern die Grünen, den Kampf gegen Cybergewalt stärker in der Lehrerausbildung zu verankern. Vor allem in den Grundschulen sehen sie Nachholbedarf. Ebenso wie der Kinderschutzbund fordern sie, mit den Anbietern sozialer Medien über einen »Notfall-Button« zu verhandeln, damit Betroffene Mobbingfälle direkt melden können.

Für Matthias Felling von der Arbeitsgemeinschaft Kinder- und Jugendschutz taugt eine technische Lösung nur bedingt: »Der eigentliche Notfall-Button für Jugendliche, die von Mobbing betroffen sind, ist ein Erwachsener in seinem Umfeld, der ein offenes Ohr für die Probleme hat und seine Hilfe anbietet.« An den Schulen müssten Anti-Mobbing-Teams gebildet und jugendliche »Medien-Scouts« in die Präventionsarbeit eingebunden werden. dpa/nd

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