Sechs US-Dollar für 400 Stunden Arbeit

Die Aktivistin Kalpona Akter wurde schon als Kind in Fabriken in Bangladesch ausgebeutet / Nun engagiert sie sich für die Näherinnen von Bangladesch

  • Nicola Glass, Dhaka
  • Lesedauer: 3 Min.

Kalpona Akter ist klein, quirlig und couragiert, spricht schnell und kommt genau so schnell auf den Punkt: Die Rana-Plaza-Katastrophe am 24. April 2013 habe aufgerüttelt, sowohl in Bangladesch als auch im Ausland. Inzwischen habe sich zumindest etwas bei der Sicherheit am Arbeitsplatz getan. Doch Ausbeutung und Repressionen seien immer noch weit verbreitet, beklagt die Aktivistin im Gespräch mit dem Evangelischen Pressedienst (epd).

Die Gründerin und Leiterin der Organisation »Bangladesh Centre for Worker Solidarity« weiß, wovon sie spricht. Ihr Engagement ist auch »ein persönliches Anliegen«. Als einstige Kinderarbeiterin hat die heute 41-Jährige Gewalt und Schikanen am eigenen Leib erlebt. Mit zwölf Jahren fing sie an, schuftete 400 Stunden im Monat und bekam dafür umgerechnet sechs US-Dollar.

Mehr als acht Jahre ging das so: »So ein Leben will niemand, oder?«, sagt sie. Schließlich begann Kalpona Akter sich zu wehren und auch für die Rechte anderer zu streiten. Doch ihre Gewerkschaft wurde nicht zugelassen, sie selbst gefeuert und auf die schwarze Liste gesetzt. Keiner wollte sie mehr beschäftigen.

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Rana Plaza sei bis heute ein Trauma, sagt Akter. In dem Gebäudekomplex nahe der bangladeschischen Hauptstadt Dhaka waren Textilfabriken untergebracht, die auch für westliche Modelabels produzierten. Beim Einsturz vor fünf Jahren kamen 1138 Menschen ums Leben, etwa 2500 wurden verletzt. Seit der Katastrophe gebe es zwar sichtbare Verbesserungen bei Brandschutz und Gebäudesicherheit, sagt die Aktivistin - doch längst noch nicht überall.

Auch gegen Hungerlöhne in der Textilindustrie kämpft Akter an. Von durchschnittlich 55 US-Dollar im Monat könne keiner eine Familie ernähren, betont sie. Außerdem gebe es weiterhin zu wenige funktionierende Gewerkschaften. Nach Rana Plaza sei der internationale Druck so groß gewesen, dass die Regierung sich etwas nachgiebiger gezeigt habe und sich knapp 500 neue Gewerkschaften registriert hätten. Doch deren Tätigkeit sei auf die jeweilige Fabrik beschränkt, und nur ein Bruchteil sei imstande gewesen, Forderungen zu übermitteln oder Tarifverhandlungen zu führen.

Beschäftigte seien Repressionen und Gewalt ausgesetzt, wenn sie versuchten, einer Gewerkschaft beizutreten oder eine zu gründen, erklärt Akter, die selbst 2010 unter dem Vorwurf der »Aufwiegelung« verhaftet worden war. 2012 wurde einer ihrer Mitarbeiter ermordet.

Doch Kalpona Akter engagiert sich weiter, auch wenn sie nicht weiß, »ob ich wieder sicher nach Hause komme, nachdem ich morgens aufgebrochen bin«. Die Käufer und Käuferinnen im Ausland bittet sie: »Schaut nicht nur darauf, was ein Kleidungsstück kostet, sondern stellt Fragen nach den Arbeitsbedingungen. Denkt daran, dass es von Menschen hergestellt wurde, die am Ende der Kette stehen und dafür einen hohen Preis zahlen.« epd/nd

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