Gute Aussichten am Müggelturm
Ein Köpenicker Unternehmer hat das verfallende Wahrzeichen saniert - nun öffnet es endlich
Als es am schlimmsten war, vor fünf Jahren, da gab es nur noch diesen herrlichen Ausblick vom fast 30 Meter hohen Turm auf dem Kleinen Müggelberg. Über ganz Berlin und weit hinein ins wald- und gewässerreiche Umland kann man von dort aus sehen. Damals zog es durch klapprige Fenster, das Geländer war verkeimt, an den bekritzelten Wänden gedieh Schimmel. Einen Euro Eintritt hat der Pächter des verwitterten Imbiss-Containers kassiert. Ein Ungar, der mit Glühwein, Bockwurst und Bier neben den Ruinen des einst beliebten Ausflugslokals mit seinen Terrassen ausharrte. Mehrere Eigentümer hatte er kommen und gehen sehen während der drei Jahrzehnte des Verfalls. Der letzte Wirt hatte 2000 aufgegeben.
In der kommenden Woche, am 1. Mai, wird rund um den Müggelturm so etwas wie die Wiedergeburt des traditionsreichen Ausflugsziels gefeiert. Mit der Wiedereröffnung des Gaststättenbereichs mit seinen Sonnenterrassen, dem neuen Hauptmann-Restaurant im Obergeschoss und der Selbstbedienungsgaststätte auf der Aussichtsterrasse ist es endlich wieder nahezu komplett. Selbst der denkmalgeschützte Turm präsentiert sich innen runderneuert, so vertrauenerweckend, sauber und freundlich wie zur Eröffnung 1961. Auch wenn hier und da noch gebaut wird und manches vorerst Provisorium ist - damit hat der Köpenicker Immobilienunternehmer Matthias Große, der die marode Anlage 2014 gekauft hatte, als einziger Neueigentümer nach der Wende Wort gehalten. Am 1. Mai 2014 hatte er vor Ort versprochen: »Der Müggelturm wird wieder ein Köpenicker!« Einen »mittleren einstelligen Millionenbetrag« hat er in den Erhalt dieses Wahrzeichens seines Heimatstadtteils investiert.
»Wir gehen davon aus, dass wir die letzten Arbeiten im Laufe der Sommersaison abschließen können«, sagt Kerstin Jennes, die Pressesprecherin des Betreibers, der Berliner Müggelturm UG, dem »nd«. Eine Woche vor der Wiederöffnung gleicht das ganze Areal noch einer riesigen Baustelle. Doch auf dem Vorplatz - der künftig vor allem Behindertenfahrzeugen und Bussen vorbehaltenen Wendeplatte - steht auch schon die Bühne für das große Festprogramm. Das wird um 11.30 Uhr durch das Stadtteilmaskottchen, den Hauptmann von Köpenick, eröffnet. Vor allem aber gehört sie altgedienten Show-Stars - neben dem Country-Sänger Tom Astor (12 Uhr) haben sich vor allem auch Frank Zander (14 Uhr) und Frank Schöbel (15 Uhr) angesagt. Gegen 16 Uhr findet die große Tombola statt - den Hauptgewinn, ein Mountainbike, könnte man theoretisch gleich nebenan, auf Berlins einziger offizieller Downhill-Strecke runter zum Teufelssee testen. Ein Programm mit Ponyreiten und Spielmobil soll den Nachwuchs bei Laune halten. Für Bedürftige wird ein kleiner Shuttle-Bus zwischen der Haltestelle Chausseehaus des 169er Busses und dem Turm pendeln. Der Eintritt zum Maifest kostet fünf Euro, ermäßigt 2,50 Euro. Das ist fast schon ein Schnäppchen, ist doch der Eintritt für den Turm inklusive. Dort - und das ist für Ausflügler eine bittere Pille - muss man künftig vier Euro (Kinder zwei Euro) zahlen.
Damit sich am Ende alles vorzeigbar präsentiert, wird von früh bis spät und auch am Wochenende gebaut und geschraubt, gemalert und zugleich aufgeräumt. Im Restaurant wird der Teppich verlegt. Ausgespart davon wird der historische, einst für die preußische Landvermessung wichtige Trigonometrische Punkt 1. Ordnung Müggelberg, der wie eh und je mitten im Gastraum steht. Ungeachtet des Trubels hat die Müggelturm-Baude, die vor einem Jahr als erste der Gaststätten fertiggestellt wurde, weiter geöffnet.
»Es geht alles gut voran«, sagt Kerstin Jennes. Die Dachterrasse erhält noch ihr Geländer und der Treppenaufgang einen Handlauf. Die gläsernen Aufzüge zu den einzelnen Ebenen sind schon einsatzbereit. Am 1. Mai soll die volle Gastronomie-Kapazität zur Verfügung stehen - mit Speisen und Getränken im mittleren Preissegment: Die 180 Gäste des Hauptmann-Restaurants erwartet saisonale und auch regionale Kost, in der Baude wird an 80 Plätzen neben Kaffee, Kuchen und Eis ein rustikaler Imbiss serviert, und auf der Dachterrasse gibt es Selbstbedienung. Ist das Wetter angenehm, wird wohl auch keiner der insgesamt 500 Terrassenplätze lange unbesetzt bleiben. Beim Fest am 1. Mai 2014 kamen 6000 Besucher, um den Neubeginn am Müggelturm mitzuerleben. Diesmal rechnen alle Beteiligten mit einem noch größeren Andrang.
Einen Fahrstuhl für den Turm wird es übrigens nicht geben, da im Innern dafür kein Platz ist und einem Anbau der Denkmalschutz entgegensteht. Wie die Sprecherin ankündigt, wird der Ein- und Auslass am Turm von nun an mit Drehkreuzen und Kassenautomaten geregelt - da wird Münzgeld benötigt.
»Auf unserer To-do-Liste ganz oben steht noch die Verbesserung der Parkplatz-Situation«, sagt Jennes. Die direkte Auffahrt zum Turm werde bald über eine neue Schrankenanlage geregelt. Die meisten Kraftfahrer werden ihr Auto auf den unteren Parkplätzen abstellen und die rund 250 Meter zum Turmareal hinauflaufen müssen. »Dringend investieren müssen wir auch noch im Außenbereich«, sagt sie. Ein erstes Arrangement gebe es mit der Stern-und-Kreisschifffahrt - sie habe ihren Anleger am Müggelsee in Rübezahl/Müggelturm umbenannt. Schwieriger laufe es mit der BVG, mit der bislang kein Gespräch über eine 169er-Haltestelle direkt am Müggelturm zustande gekommen sei. Auch eine ganzjährige Lösung für Nutzung und Wartung der Treppenanlagen vom Teufelssee sowie von Marienlust am Dahme-Ufer aus zum Turm ist bislang nicht in Sicht. »Das bleibt für uns wohl in der Winterperiode ein dauerhafter Ärgernis. Die Anlagen befinden sich in der Zuständigkeit des Straßen- und Grünflächenamtes und werden saisonabhängig aus Sicherheitsgründen gesperrt.«
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