- Wirtschaft und Umwelt
- Insektensterben
EU verbietet extrem bienenschädliche Pestizide
Knappe Mehrheit der Mitgliedstaaten für das Freilandverbot von drei besonders schädlichen Neonikotinoiden / Greenpeace: Rasante Artensterben bei Insekten wird damit allein nicht gestoppt
Brüssel. Mit knapper Mehrheit haben die EU-Mitgliedstaaten für ein Freilandverbot von drei bienenschädlichen Insektengiften, sogenannten Neonikotinoiden, gestimmt. Die Vertreter der Mitgliedstaaten nahmen den Vorschlag der Europäischen Kommission an, die Verwendung der drei Wirkstoffe weiter einzuschränken, wie die Behörde am Freitag in Brüssel mitteilte. EU-Quellen zufolge stimmten 16 von 28 Mitgliedstaaten für das Verbot - 15 Ja-Stimmen hätten nicht gereicht.
Der Einsatz im Freien der Pestizide Imidacloprid, Clothianidin und Thiamethoxa werde nun europaweit nicht mehr genehmigt, teilte die Kommission mit. Die Regelung solle noch in diesem Jahr in Kraft treten. Die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (Efsa) hatte die Schädlichkeit der Stoffe für Wild- und Honigbienen zuvor bestätigt. Der Einsatz in Gewächshäusern bleibt erlaubt.
Deutschland stimmte wie 15 weitere Mitgliedstaaten für das weitgehende Verbot. Vier Länder stimmten dagegen, acht enthielten sich, wie die Nachrichtenagentur AFP aus EU-Kreisen erfuhr. Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner (CDU) erklärte: »Heute ist ein guter Tag für den Schutz der Bienen in Deutschland und in Europa.«
Zuspruch kam von Umweltverbänden und von den Grünen. Der Europa-Abgeordnete der Grünen Martin Häusling erklärte, das Anwendungsverbot sei »überfällig«. »Es hätte früher kommen müssen, denn die Aussaat der Zuckerrüben wird es in diesem Jahr nicht mehr betreffen«, fügte er hinzu. »Lediglich alte Gifte durch ganz ähnliche neue, genauso gefährliche Stoffe zu ersetzten, wäre Etikettenschwindel«, warnte der Grünen-Bundestagsabgeordnete Harald Ebner. Auch Martin Hofstetter von der Umweltorganisation Greenpeace schränkte ein, die heutige Entscheidung alleine werde das rasante Artensterben bei Insekten nicht stoppen können. »Um Bienen und andere wertvolle Insekten dauerhaft zu schützen, müssen wir den Einsatz giftiger Pflanzen- und Insektengifte schnell und drastisch senken.«
Der Deutsche Bauernverband hatte sich seit der erneuten Bestätigung der Gefährlichkeit von Neonikotinoiden durch die Efsa ebenfalls vorsichtig für ein Freiluftverbot ausgesprochen. Verbandspräsident Joachim Rukwied erklärte nun, nach der Entscheidung müssten schnell Alternativen für Neonikotinoide gefunden werden, denn »um Qualität und Erträge abzusichern, brauchen wir Pflanzenschutzmittel«.
Der europäische Verband der Pflanzenschutzindustrie (ECPA) kritisierte die Entscheidung als »voreilig«. Die EU-Institutionen hätten eine noch ausstehende Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) abwarten sollen. Bayer und Syngenta haben gegen frühere Beschränkungen der Nutzung von Neonikotinoiden vor dem EuGH Klage erhoben. Das Verfahren läuft noch. Im Mai soll das Urteil fallen.
Kritik kam erwarungsgemäß auch vom Pharmariesen Bayer, der auch Neonikotinoide herstellt. »Die Entscheidung wird die Möglichkeiten europäischer Landwirte, gegen verheerende Schädlinge vorzugehen, weiter einschränken«, teilte das Unternehmen mit. Die EU-Entscheidung sei »ein schlechter Deal für die europäische Landwirtschaft«. Agenturen/nd
Das »nd« bleibt gefährdet
Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.