Paschinjan wird nicht Premier
Oppositionsführer scheitert im Parlament Armeniens / Neue Massenproteste
Politisches Chaos in Armenien: Aus Wut über die Wahlniederlage von Oppositionsführer Nikol Paschinjan haben sich in der armenischen Hauptstadt Jerewan Zehntausende Menschen versammelt. Die Demonstranten, unter ihnen viele ältere Menschen und Hausfrauen, blockierten Straßen und Regierungsgebäude, wie Beobachter am Mittwochmorgen berichteten. Der Verkehr war weitgehend lahmgelegt, die Straße zum Flughafen von Jerewan blockiert, viele Geschäfte blieben geschlossen.
Paschinjan war am Dienstag nicht wie von ihm erhofft zum neuen Regierungschef gewählt worden. Bei der Sondersitzung des Parlaments in Jerewan verweigerte die bisherige Regierungspartei dem 42-Jährigen die Zustimmung. Paschinjan rief seine Anhänger daraufhin zu einem Generalstreik und zur Blockade der wichtigsten Verkehrsverbindungen ab Mittwochmorgen auf. Von den 100 Abgeordneten, die am Dienstagabend nach einer siebenstündigen Sitzung ihre Stimme abgaben, votierten 55 Abgeordnete gegen Paschinjan und 45 für ihn. Paschinjan war einziger Kandidat.
Er hatte in den vergangenen Tagen um Zustimmung geworben, um die politische Krise in dem 2,9 Millionen Einwohner zählenden Land im Südkaukasus zu beenden. Im Parlament verfügt aber die bisherige Regierungspartei über die absolute Mehrheit. Nach dem Scheitern seiner Kandidatur rief Paschinjan seine Anhänger dann am Abend auf dem Platz der Republik in Jerewan allerdings zu »zivilem Ungehorsam« auf. Er fügte hinzu: »Die Revolution der Liebe und der Toleranz geht weiter.«
Am Montag hatte Paschinjan sich von seinen Unterstützern im Parlament als deren gemeinsamer Kandidat aufstellen lassen. Seine Hoffnung auf Unterstützung auch aus der Mehrheitsfraktion der bislang regierenden Republikanischen Partei zerschlug sich aber. Die Opposition in dem Kaukasusland erhoffte sich von dem angestrebten Machtwechsel eine Beruhigung der Lage nach Wochen der politischen Spannungen, die am 13. April mit Massenprotesten gegen Korruption und Vetternwirtschaft in der Führung Armeniens begannen und am 23. April im Rücktritt des seit zehn Jahren herrschenden Politikers Sersch Sarkissjan gipfelten. AFP/nd
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft
Das »nd« bleibt gefährdet
Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.