- Wirtschaft und Umwelt
- US-Sanktionen gegen Russland
Aluminium wird teurer
US-Sanktionen gegen Russland haben weltweit Folgen auf Verfügbarkeit und Preise
Mehr als 90 Länder in der Welt sind »rohstoffabhängig«, warnte die UN-Handelskonferenz UNCTAD kürzlich auf ihrer »Welt-Rohstoff-Konferenz« in Genf. Länder wie Deutschland besitzen nun einmal kaum Quellen für Erdöl, Kakao oder Industriemetalle. Ein besonderer Engpass taucht nun beim Aluminium auf. Die Preise an der Londoner Börse LME steigen und steigen. Der norwegische Aluminiumkonzern Norsk Hydro warnt sogar vor einem weltweiten Engpass bei dem wichtigen Werkstoff für Dosen und Autos.
Was ist passiert? Die USA haben am 6. April neue Sanktionen gegen Russland verhängt - mit weitreichenden Folgen unter anderem für den Aluminiummarkt. In Russland machen dem weltweit größten Aluminium-Konzern außerhalb Chinas, Rusal, die Sanktionen der Vereinigten Staaten schwer zu schaffen. Die US-Strafmaßnahmen zielen auf sieben Konzernchefs und ihre Firmen und damit indirekt auf den Staat. Die Bosse sollen sich in den amerikanischen Präsidentenwahlkampf 2016 eingemischt haben. Im Zentrum steht Oleg Deripaska, dem ein enger Draht zu Präsident Putin nachgesagt wird, dem Hauptanteilseigner von Rusal. Die USA haben zudem Strafzölle auf Alu-Einfuhren aus Russland verhängt.
Damit ist Rusal weitgehend aus dem globalen Geschäft genommen - das in US-Dollar abgewickelt wird - und der Weltmarkt in heftige Turbulenzen gestürzt. Die Folge waren zunächst »fast panikartige Käufe« von Aluminium, haben die Rohstoffexperten der Commerzbank beobachtet.
Das Alu-Loch gefährdet auch deutsche Unternehmen. Über 40 Prozent der europäischen Aluminium-Importe stammen von Rusal. Auch andere sanktionierte Konzerne stehen in aktiven Geschäftsbeziehungen mit deutschen Firmen. Ein Maschinenbau-Unternehmen berichtet, dass es aufgrund der Sanktionen eine Kundenbeziehung mit einer fast 50-jährigen Tradition in Kasachstan aufgeben muss.
Es sind also auch Projekte außerhalb Russlands gefährdet. Eine Umfrage des Osteuropavereins der Deutschen Wirtschaft ergab, dass bei hiesigen Unternehmen der Ausfall von laufenden Geschäften in dreistelliger Millionenhöhe befürchtet wird.
Probleme schafft vor allem die rechtliche Unsicherheit. Was passiert mit alten Verträgen? Wie weit sind Niederlassungen deutscher Firmen in Russland oder den USA betroffen? Professor Alexander Libman von der Universität München sieht in der Unsicherheit sogar ein Kernproblem: »Es ist in den ersten Jahren nach der Einführung der Sanktionen nie klar, wie genau sie implementiert werden und wie die rechtlichen Vorschriften zu deuten sind.« Unternehmen halten sich dann zurück. So kam es nach der ersten Welle an Sanktionen, die von den USA und der Europäischen Union 2014 verhängt worden waren. In den beiden Jahren danach brach der Handel zwischen EU und Russland um rund 100 Milliarden Euro ein.
Im vergangenen Jahr haben sich die Wirtschaftsbeziehungen erholt. Deutschland ist wieder nach China der zweitwichtigste Handelspartner Russlands. So lange Öl und Gas fließen und die Preisabsprachen mit den erdölexportierenden Staaten in der OPEC halten, wird Putins Wirtschaft wohl die neuen Sanktionen verkraften können. Beim Aluminium könnte China als Abnehmer und Zwischenhändler einspringen, um die Sanktionen zu umschiffen.
Trumps Pläne hinterlassen auch in Osteuropa Spuren. Die Erhöhung der Zolltarife auf Aluminium, Stahl und Eisen träfe die Volkswirtschaften von Tschechien bis Ukraine. Wesentlich gravierender wären allerdings Zölle auf Autos, meint das Wiener Institut für Internationale Wirtschaftsvergleiche. Mit einem Umsatz von mehr als 120 Milliarden Euro ist die Automobilindustrie der größte Wirtschaftszweig.
Doch noch ist wenig entschieden. Einer ersten Forderung des US-Finanzministeriums ist Rusal gefolgt: Der Oligarch Deripaska hat angekündigt, seine Anteile zu reduzieren und die Kontrolle an Rusal abzugeben.
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