• Berlin
  • Personaldebatten in der SPD

Für einen offeneren Führungsstil

SPD-Landesvorstandskandidat Julian Zado will ein Ende der Personaldebatten

  • Jérôme Lombard
  • Lesedauer: 4 Min.

Herr Zado, gibt es eine Führungskrise in der Berliner SPD?

Nein, die gibt es nicht. Der Parteitag wird Anfang Juni einen neuen Vorstand wählen und dann müssen wir mit neuem Schwung an die Arbeit gehen. Denn natürlich gibt es einiges, das wir als SPD besser machen müssen.

Julian Zado

Julian Zado ist 33 Jahre alt und Vorsitzender des SPD-Kreisverbands Berlin-Mitte. Der studierte Jurist arbeitet seit 2016 als Richter am Amtsgericht Tiergarten. Früher war der gebürtige Frankfurter Bundes-Vize der Jusos.

Auf dem Landesparteitag am 1. und 2. Juni will er sich als einer von insgesamt vier stellvertretenden Vorsitzenden in den Parteivorstand wählen lassen. Über den Führungsstil in der Hauptstadt-SPD, die Polarisierung in seiner Partei, und warum er bei politischen Debatten lieber Kaffee statt Bier trinkt, sprach mit ihm »nd«-Redakteur Jérôme Lombard. 

Der Rückzug von Bildungsstaatssekretär Mark Rackles aus dem Landesvorstand war ein Paukenschlag. Rackles sprach von »Mehltau«, der die Führungsstrukturen der Partei befallen habe. Er vermisse eine inhaltliche Debatte über die Zukunft der SPD als linke Volkspartei. War Rackles‘ Entscheidung vor diesem Hintergrund konsequent?

Mark Rackles hatte mit vielen seiner Kritikpunkte recht: Die Erneuerung, die wir uns nach den Wahlen 2016 und 2017 vorgenommen hatten, ist noch nicht vorangekommen. Dazu wird eine lebendige und eigenständige Partei gebraucht, die Themen setzt und vordenkt, anstatt nur Verwaltungshandeln nachzuvollziehen. Der Landesvorstand hat hierbei auch die Aufgabe, die Partei in politische Prozesse einzubeziehen.

Rackles hat insbesondere Parteichef Michael Müller für seinen Führungsstil kritisiert und ihm eine fehlende Zukunftsvision vorgeworfen. Beim Landesparteitag kandidiert der Regierende Bürgermeister erneut als SPD-Landeschef. Ist er noch der richtige Mann für den Posten?

Ja. Ich habe am Montag im Landesvorstand für den Personalvorschlag gestimmt. Die Personaldebatten gingen in der Partei jetzt lange genug. Wir sollten nach vorne schauen. Ich erwarte aber schon im gesamten Landesvorstand eine Veränderung und einen viel offeneren, kooperativen Führungsstil. Das müssen sich alle vornehmen, auch der Landesvorsitzende Michael Müller. Wir müssen mehr aktivieren und zum Mitmachen anregen. Wir haben viele Mitglieder, die sich einbringen wollen.

Immer wieder ist von zwei Lagern in der Berliner SPD die Rede. Auf der einen Seite Parteichef Müller mit seinen Vertrauten aus den südwestlichen Bezirken, auf der anderen Seite der Fraktionsvorsitzende Raed Saleh, der die jungen Wilden um sich versammelt. Müller oder Saleh - mit wem treffen Sie sich auf ein Bier?

Ich bin dafür, Politik mit Leidenschaft, aber nüchtern zu machen. Insofern mit beiden lieber auf einen Kaffee. Die Lagerbildung wird medial stärker wahrgenommen, als sie ist, einfach weil beide prominent für die SPD stehen. In der SPD sind viele von einer solchen Polarisierung eher genervt. Sie wollen einfach für eine gute linke Politik streiten. Dafür setze ich mich ein.

Sie gelten als ausgewiesener Parteilinker und sind der Kandidat der Jusos für den Landesvorstand. Welche Themen wollen Sie als neuer Vize-Vorsitzender voranbringen?

Zum einen müssen wir den Kampf gegen Menschenfeindlichkeit und Antisemitismus weiter entschlossen führen und uns hier auch stark zivilgesellschaftlich engagieren. Zum anderen möchte ich den Bereich der Öffentlichen Daseinsvorsorge stark machen. Wir brauchen eine starke demokratisch legitimierte Verwaltung. Das betrifft viele Themen, zum Beispiel den Schulbau, die Ordnungsämter oder die Dienstleistungen der Bürgerämter. Hier gibt es viel Unzufriedenheit und die müssen wir angehen. Das wird zurecht von einer Regierung erwartet. Dabei muss es weniger um Kompetenzen und Befugnisse gehen. Vielmehr muss mehr Personal eingestellt und auch besser bezahlt werden. Es kann nicht sein, dass wir keine Erzieher*innen, keine Lehrer*innen und keine Stadtplaner*innen mehr finden und so zentrale Aufgaben wie der Schulbau, der Wohnungsbau und andere Bereiche der öffentlichen Daseinsvorsorge auf der Strecke bleiben.

Was kann man hier tun?

Wir brauchen viel attraktivere Arbeitsbedingungen und eine bessere Bezahlung im öffentlichen Dienst. Es kann nicht sein, dass wir vorhandenes Geld für eine neue Schule nicht ausgeben können, weil wir kein Personal für die Planung haben.

Wie kann die SPD ihre Rolle als die führende Hauptstadtpartei verteidigen und wieder für mehr Berlinerinnen und Berliner attraktiv werden?

Die Berlinerinnen und Berliner haben einfach die Nase voll davon, dass zu vieles in der Stadt nicht oder schlecht funktioniert. Dass man keinen Termin beim Bezirksamt bekommt, der öffentliche Raum verkommt oder die Kita bestreikt wird. Da hilft kein Gesundbeten der Probleme. Wir müssen schnell zu Lösungen kommen.

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