- Politik
- Atomabkommen
Hiesige Firmen machen gerne Deals in Iran
Deutschlands Exportbranche könnte durch die Kündigung des Atomabkommens in Mitleidenschaft gezogen werden
In der deutschen Wirtschaft kam die Aufkündung des Atomabkommens durch US-Präsident Donald Trump gar nicht gut an. »Die deutsche Industrie kritisiert den Rückzug der USA aus dem so mühselig und langwierig verhandelten Atomabkommen zutiefst«, sagte der Präsident des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI), Dieter Kempf, gleich nach Trumps Aktion. Er habe »kein Verständnis« für den amerikanischen Appell, »dass deutsche Unternehmen ihr Geschäft im Iran sofort zurückfahren sollten«.
Bereits Trumps Drohung, hohe Importzölle auf Stahl und Aluminium aus der EU einzuführen, erzürnte die exportorientierte deutsche Industrie. »Angriffe auf den Freihandel gefährden Wohlstand und Arbeitsplätze auf beiden Seiten des Atlantiks«, sagte Kempf anlässlich der USA-Reise von Bundeskanzlerin Angela Merkel Ende April. Sie solle Trump verdeutlichen, »welche Risiken von den US-Maßnahmen nicht nur für die Weltwirtschaft und den Welthandel, sondern auch für die US-Wirtschaft ausgehen« würden.
Für Gustav Horn vom Institut für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) der Hans-Böckler-Stiftung ist die Aufkündung des Atomvertrags »ein weiterer Stimmungskiller« in der gegenwärtigen, labilen Lage auf den Weltmärkten. Ihm zufolge könnten vor allem exportorientierte Branchen darunter leiden, auch wenn der Iran nicht zu den wichtigsten Handelspartnern gehört. »Aber auch die Investitionsgüterbranche könnte in der Folge dadurch in Mitleidenschaft gezogen werden.«
Problematisch könnte es jetzt etwa für Airbus werden. Ende 2016 hat der europäische Flugzeugbauer mit Iran Air einen Deal über die Lieferung von 98 Maschinen gemacht. Bisher ausgeliefert wurde erst eine.
Der BDI war nicht der einzige deutsche Lobbyverband, der verschnupft auf die Forderung des neuen US-Botschafters Richard Grenell reagierte, dass hiesige Unternehmen ihre Geschäfte im Iran »sofort« herunter fahren sollten. Trumps Entscheidung treffe die deutsche Wirtschaft »hart«, erklärte Eric Schweitzer, Präsident des Deutschen Industrie- und Handelskammertages. Der Maschinenbauerverband VDMA sieht den »politischen Ball« nun in Teheran. »Dort muss entschieden werden, ob man das Nuklearabkommen auch unabhängig von den USA fortsetzen will - was für alle Seiten die beste Lösung wäre«, sagte VDMA-Hauptgeschäftsführer Thilo Brodtmann.
Mit einem Handelsvolumen von knapp 3,4 Milliarden Euro liegt Iran zwar nur auf Platz 58 der wichtigsten Handelspartner Deutschlands. Doch seitdem Anfang 2016 im Rahmen des Atomabkommens zahlreiche Sanktionen gegen die schiitische Republik außer Kraft gesetzt wurden, boomt der Handel mit dem Land wieder.
2016 stiegen die Exporte hiesiger Firmen in den Iran um 25 Prozent, vergangenes Jahr um 17,7 Prozent zu und lagen damit zuletzt bei knapp drei Milliarden Euro im Jahr. Deutschland ist damit nach China, den Vereinigten Arabischen Emiraten und der Türkei der viertwichtigste Handelspartner des asiatischen Staates.
Vor allem Maschinen, Elektronik, pharmazeutische Erzeugnisse und Getreide exportierten deutsche Firmen in den Iran. Laut dem VDMA sind die hiesigen Maschinenimporte in das Land vergangenes Jahr um 21 Prozent auf 901 Millionen Euro gestiegen. Irans wichtigstes Exportgut ist das Erdöl. Dies macht mit einem Volumen von 4,2 Milliarden Euro 77 Prozent aller iranischen Exporte in die Europäische Union aus.
Ein großes Problem, das deutsche Unternehmen derzeit haben, ist dass sich große Banken davor scheuen, ihre Geschäfte mit Iran zu finanzieren. Schließlich können sie so gegen US-Sanktionen verstoßen. Die Deutsche Bank etwa musste im Herbst 2015 rund 236 Millionen Euro Strafe zahlen, weil sie entgegen US-Recht zwischen 1999 und 2006 für Kunden aus Staaten wie Syrien und dem Iran Transaktionen im Volumen von 10,9 Milliarden Dollar abwickelte.
Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.
Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.
Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.
Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.