5,7 Prozent mehr für nicht mal jeden Zweiten
Auf den größeren Teil der Bauarbeiter trifft der Schlichterspruch im Tarifstreit nicht zu
Nach der Tarifschlichtung in der Bauindustrie ist die Politik am Zug - meint die LINKE. »Jetzt muss die Politik nachziehen und endlich konsequent gegen das gnadenlose Lohndumping über dubiose Subunternehmen und gegen die grassierende Schwarzarbeit am Bau vorgehen«, erklärte der gewerkschaftspolitische Sprecher der LINKEN im Bundestag, Pascal Meiser. Sonst profitiere von den jetzt erkämpften Tariferhöhungen am Ende nur eine Minderheit.
Am Samstag war es zu einem Schlichterspruch im Tarifstreit des Baugewerbes gekommen. Die Gewerkschaft IG BAU sowie die Unternehmerverbände Zentralverband Deutsches Baugewerbe und Hauptverband der Deutschen Bauindustrie stimmten dem Vorschlag des Schlichters und Ex-Wirtschaftsministers Wolfgang Clement zu. Die Tarifvertragsparteien haben noch 14 Tage, um endgültig über den Schlichterspruch zu entscheiden.
Der Kompromiss sieht Lohnerhöhungen von 5,7 Prozent in den westlichen und 6,6 Prozent in den östlichen Bundesländern rückwirkend zum 1. Mai vor. Hinzu kommen Einmalzahlungen von insgesamt 1100 Euro bis Ende des nächsten Jahres für die alten und 250 Euro für die neuen Bundesländer. Außerdem wird das 13. Monatseinkommen ausgeweitet. Der Tarifvertrag soll eine Laufzeit von 26 Monaten haben.
»Es war ein zähes Ringen. Mehrmals standen die Verhandlungen Spitz auf Knopf«, sagte der IG-BAU-Bundesvorsitzende Robert Feiger. »Deutschland verzeichnet ein starkes Wirtschaftswachstum, und die Baubranche nimmt dabei einen Spitzenplatz ein.« So lagen die Auftragseingänge im Februar 2018 mit rund 6,1 Milliarden Euro um 18,4 Prozent höher als im Vorjahresmonat.
»Mit den 5,7 Prozent haben wir die absolute Obergrenze dessen erreicht, was unsere Unternehmen zu leisten vermögen«, sagte deren Verhandlungsführer Uwe Nostitz. Die IG BAU hatte eine Lohnerhöhung von sechs Prozent bei einer Laufzeit von einem Jahr für die 800 000 Beschäftigten der Branche gefordert.
»Es ist sehr zu begrüßen, dass vom Bauboom nun auch diejenigen profitieren sollen, die auf dem Bau tagtäglich ihre Knochen hinhalten«, kommentierte LINKE-Politiker Meiser das Ergebnis. Der sogenannte Ecklohn liegt laut der IG BAU bei 20 Euro brutto die Stunde im Westen und knapp über 19 Euro im Osten. Dieser Lohn steht bei Tarifverhandlungen stellvertretend für die anderen Tariflöhne als Verhandlungsgegenstand. Der Ecklohn ist der festgesetzte Normallohn für einen über 21 Jahre alten Facharbeiter der untersten Tarifgruppe.
Jedoch gilt der Tarifvertrag für weniger als die Hälfte der Beschäftigten. Zumindest, wenn man die amtlichen Zahlen des Statistischen Bundesamtes nimmt. Dieses berechnete zuletzt für das Jahr 2014 die Tarifbindung in der Branche. Demnach arbeiten lediglich 40 Prozent aller Bauarbeiter in tarifgebundenen Betrieben. Im Osten ist die Tarifbindungsquote mit 29 Prozent besonders gering.
Das »nd« bleibt gefährdet
Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.