Forderungen des Fiskus zu hoch
Bund soll Zinsen auf Steuernachzahlung prüfen
München. Der Bundesfinanzhof hält die Nachzahlungszinsen auf Steuern von derzeit sechs Prozent im Jahr für verfassungswidrig hoch. Der BFH setzte deshalb die Vollziehung für Nachzahlungszinsen ab dem Jahr 2015 aus, wie das höchste deutsche Steuergericht am Montag in München mitteilte. (Aktenzeichen IX B 21/18)
Bei der Verzinsung von Steuernachforderungen und Steuererstattungen gilt derzeit ein Satz von 0,5 Prozent pro Monat, also von sechs Prozent pro Gesamtjahr. Der hohe Zinssatz besteht bereits seit 1961. Dem Bundesfinanzhof zufolge vereinnahmte der Staat damit allein bei steuerlichen Betriebsprüfungen »in den letzten Jahren mehr als zwei Milliarden Euro« an Nachzahlungszinsen.
Der Gerichtshof begründet die Aussetzung mit »der realitätsfernen Bemessung des Zinssatzes«. Sie verstoße wegen der anhaltenden Niedrigzinsphase gegen den allgemeinen Gleichheitssatz. Für die Höhe des Zinssatzes fehlt es der Entscheidung zufolge an einer Begründung. Der Sinn der Zinsen bestehe darin, den finanziellen Vorteil zum Teil abzuschöpfen, den der Steuerzahler erhalte, wenn er länger über die Gelder verfügen könne. Dies sei aber wegen »des strukturellen Niedrigzinsniveaus« nicht erreichbar.
Im Streitfall sollte der Kläger nach einer Betriebsprüfung knapp zwei Millionen Euro an Steuern nachzahlen. Das Finanzamt verlangte deshalb für den Zeitraum vom 1. April 2015 bis zum 16. November 2017 Nachzahlungszinsen in Höhe von rund 240 000 Euro. Der Bundesfinanzhof gab nun dem Antrag des Klägers statt und setzte die Vollziehung des Zinsbescheids in vollem Umfang aus.
Dem obersten Gericht für Steuer- und Zollangelegenheiten zufolge muss der Gesetzgeber nun prüfen, ob die Höhe des Nachzahlungszinses mit Blick auf das Niedrigzinsniveaus herabgesetzt werden müsse. Dies habe er zwar selbst auch erkannt, aber gleichwohl bis heute nichts getan. AFP/nd
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