Neue Betriebsvereinbarung kann Tariflohn nicht aushebeln
Urteile im Überblick
Das entschied das Bundesarbeitsgericht (BAG) in Erfurt in einem Urteil (Az. 4 AZR 119/17), das am 11. April 2018 verkündet wurde. Mit dieser Entscheidung wurde einem in einem Senioren- und Pflegezentrum beschäftigten Masseur einen Lohnnachschlag zugesprochen.
Der Mann arbeitet seit 1991 in der Einrichtung. In einer Zusatzvereinbarung zum Arbeitsvertrag stimmte der Arbeitgeber einer Vergütung nach dem Bundesangestelltentarif (BAT) zu. Zwei Jahre später schloss auch der Betriebsrat mit dem Arbeitgeber eine Betriebsvereinbarung, nach der die BAT-Bestimmungen automatisch Bestandteil von Arbeitsverträgen werden, die vor Februar 1993 geschlossen wurden.
Ein entsprechender Nachtrag für den Arbeitsvertrag wurde von dem Masseur und dem Arbeitgeber unterzeichnet. Die Vergütung sollte danach dynamisch, je nach aktuellem Tarifvertrag, immer wieder neu angepasst werden.
Als das Pflegezentrum jedoch nach einem Betriebsübergang durch ein anderes Unternehmen übernommen wurde, kündigte der neue, nicht tarifgebundene Arbeitgeber die Betriebsvereinbarung. Im Zuge einer Arbeitszeiterhöhung im März 2006 vereinbarten die Parteien ein höheres Gehalt und dass »alle übrigen Bestandteile des bestehenden Arbeitsvertrages … unverändert gültig« bleiben. Der Arbeitgeber meinte, dass wegen der Kündigung der Betriebsvereinbarung die Vergütung des Masseurs nicht mehr dynamisch an die jeweiligen Tarifverträge für den öffentlichen Dienst angepasst werden muss, sondern auf dem bisherigen Niveau bestehen bleibt.
Dem widersprach jedoch das Bundesarbeitsgericht. Eine im einzelnen Arbeitsvertrag festgelegte »Vergütung nach tariflichen Grundsätzen« könne durch eine Betriebsvereinbarung nicht zu Lasten des Arbeitnehmers abgeändert werden. Der Betreiber des Seniorenheims sei verpflichtet, den Kläger nach dem Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst zu vergüten. epd/nd
Keine Kündigung von Betriebsrenten-Police wegen Geldbedarfs
Nur weil ein Arbeitnehmer Geld braucht, kann er von seinem Arbeitgeber nicht die Kündigung einer Versicherung zur betrieblichen Altersvorsorge verlangen.
Zu diesem Schluss kam das Bundesarbeitsgericht (BAG) mit Urteil vom 26. April 2018 (Az. 3 AZR 586/16).
Der Kläger wollte vor Gericht von seinem Arbeitgeber die Kündigung einer Direktversicherung erwirken, um mit dem so frei werdenden Betrag Schulden zu begleichen. Den Versicherungsvertrag hatte das Unternehmen zugunsten des Mitarbeiters abgeschlossen und hatte von 2001 bis 2009 jährlich etwa 1000 Euro eingezahlt.
Nach Ansicht des zuständigen Senats des Bundesarbeitsgerichts wäre eine Kündigung der Versicherung zum Ausgleich von Schulden aber nicht mit dem im Betriebsrentengesetz vorgesehenen Zweck vereinbar, den Arbeitnehmer im Alter abzusichern.
Vorinstanzlich hatte das Landesarbeitsgericht Köln mit Urteil vom 8. Juli 2016 (Az. 9 Sa 15/16) in gleicher Weise gegen die Klage entschieden. dpa/nd
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