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  • Berlin
  • Rechte Aufmärsche und Gegenproteste

Immer montags gibt es Spektakel

Rechtspopulistischer Verein »Wir für Deutschland« demonstriert wöchentlich in Berlin-Mitte gegen Merkel

  • Philip Blees
  • Lesedauer: 4 Min.

Es ist ein trauriges Bild, welches sich jeden Montag auf dem Dorothea-Schlegel-Platz am Bahnhof Friedrichstraße in Mitte offenbart. Vereinzelt kommen kleine Grüppchen aus dem Bahnhof und gehen zielgerichtet auf den Platz. Dort angekommen holen einige von ihnen schwarz-rot-goldene Fahne heraus, andere ziehen sich gleichfarbige Hawaii-Ketten an. Um sie herum stehen einige Polizeiwagen mit zugehörigen Beamten.

Mit Ausnahme des vergangenen Montags trifft sich der Verein »Wir für Deutschland« (WfD) nun schon seit März dieses Jahres wöchentlich auf dem Platz an der Spree. Zehn Aufmärsche fanden bislang unter dem Motto »Merkel muss weg« statt. Die Rechten laufen nach einer Kundgebung dann durch Mitte – wohin, das weiß selbst die Polizei erst im letzten Moment. »Die sind sehr wankelmütig, die Herrschaften«, sagt ein Beamter auf Nachfrage. Dies ist auch abhängig von der Teilnehmerzahl: Bei den verschiedenen Demonstrationen des Vereins kamen meistens um die 50, in Höchstzeiten auch mal 150 Rechte zusammen. Dann geht es entweder zum Potsdamer Platz oder wahlweise auch nach Kreuzberg.

Doch dies sind nicht die ersten Demonstrationen, die die Rassisten durchführen. Bereits seit rund zwei Jahren treten sie in der Öffentlichkeit als »Wir für Deutschland« auf. Sie mobilisierten schon kurz nach dem islamistischen Terroranschlag am Breitscheidplatz, um ihn für ihre flüchtlingsfeindliche Politik zu instrumentalisieren. Und auch ein Jahr später mobilisierten sie am Jahrestag des Anschlags zum Breitscheidplatz. Dabei sind sie eng mit den Organisationskreisen um den Berliner Pegida-Ableger »BärGiDa« verbunden und haben sich auch im Laufe ihrer neueren Demonstrationen öfters den sogenannten Abendspaziergängen der Patrioten, die zeitgleich stattfinden, angeschlossen.

Ihre Präsenz auf der Straße kann dabei allerdings kaum mit ihrem Internetauftritt mithalten. Fast jede Veranstaltung wird per Livestream auf Facebook übertragen und findet dort eine riesige Blase – rund 120.000 Menschen haben die Seite von »Wir für Deutschland« auf dem Sozialen Netzwerk abonniert. So werden auch diese Videos bis zu 40.000 mal angeklickt. Daneben wird sich an den üblichen Feindbildern ergötzt: Die Politiker kämpfen gegen ihr eigenes Volk, die Ausländer nehmen den Deutschen die Arbeitsplätze weg oder die »Linksgrünen« diskriminieren Deutsche – nichts Neues in der Volksgemeinschaft.

Das wollen sich einige jedoch immer noch nicht gefallen lassen. Seitdem es den wöchentlichen Aufmarsch der Rechten gibt, sind auch Antifaschisten Woche für Woche auf den Beinen, um Ersteren nicht die Straße zu überlassen. Knapp 100 Meter von der rechten Ansammlung stehen sie jede Woche auf dem gleichen Platz wie die Rechten und versuchen die Umstehenden über die Kundgebung aufzuklären. Viel mehr als die Teilnehmer von WfD werden sie dabei allerdings nicht. Anfang letzter Woche waren es rund 40. Im Laufe der Demonstrationen kommt es häufig zu Pöbeleien der Patrioten, die die Gegendemonstranten beispielsweise als »Linksfaschisten« bezeichnen, die nicht arbeiten gehen würden.

Doch auch Anwohner haben keine Lust auf rechte Hetze. Besonders im multikulturell geprägten Kreuzberg regt sich Protest gegen den Aufmarsch – so auch am Mehringplatz, der einer der möglichen Ziele der Demonstration von WfD ist. Hier haben Anwohner eine Kundgebung organisiert, um vorbereitet zu sein, falls die Rassisten zu ihnen in den Kiez kommen.

»Wir haben uns gedacht: Was können wir dagegen machen?«, sagt Karin Lücker, Anmelderin der Kundgebung. Man sei nun zum vierten Mal hier – zuerst habe man gar nichts von dem Aufmarsch mitbekommen. Doch als die Ausländerfeinde das erste Mal auf ihren Platz in Kreuzberg liefen, wollte Lücker eine Plattform schaffen gegen sie – doch nicht nur dafür: Es soll auch eine Möglichkeit zum Austausch sein. Verschiedene Parteien wie die SPD oder die Linken und Organisationen haben schon vor den rund 30 Anwohnern vor Ort geredet. Diese sitzen meist in entspannter Atmosphäre auf den Stühlen des Cafés und trinken ein Getränk oder diskutieren zum Beispiel über steigende Mieten – wenn nicht doch noch die Rechten am Abend auftauchen. So richtig weiß das auch hier niemand.

Für Lücker ist es eine geplante Provokation, dass die Rechten hier immer wieder auflaufen möchten. Das scheinen auch die anderen Anwohner so unterschreiben zu können – man sieht kleine spielende Kinder mit Fahrädern, die durch die Kundgebung radeln. Sie rufen dabei laut: »Nazis raus!«

Anfang letzte Woche fand sich bei der Kundgebung auch der Bundestagsabgeordnete Pascal Meiser (LINKE) ein. Er findet es schön, »dass hier die Community was organisiert«, wo man sich als Antifaschist anschließen könne. Es ginge darum, ein »klares Zeichen gegen rechts zu setzen« und nicht Hass zu schüren, wie es WfD machen würde. Deswegen wolle er auch am 27. Mai auf der Straße sein.

Neben den kleineren Aufmärschen soll es dann nämlich noch einmal groß werden – vor allen Dingen bei den rechten Kräften. Die AfD meldete eine Demonstration in Mitte an. Selbstsicher geht sie davon aus, dass dem Aufruf 10.000 Anhänger folgen werden – eine Zahl, die aufgrund der mittlerweile knappen Mobilisierungszeit eher unrealistisch wirkt. Die Rassisten von WfD werden sich diesem Aufmarsch wohl trotzdem anschließen – sie proben schließlich schon jeden Montag den »großen Aufstand«.

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