Können auch Studierende Steuern sparen?

Was Studenten wissen sollten: Steuern (Teil 1)

  • Dr. Rolf Sukowski
  • Lesedauer: 4 Min.

Zunächst ganz allgemein: Nach § 1 Abs. 1 EStG (Einkommensteuergesetz) sind alle natürlichen Personen unbeschränkt steuerpflichtig, »die im Inland einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben«. Das bedeutet also, die Steuerpflicht beginnt mit der Geburt, ist unabhängig vom Lebensalter und der Staatsangehörigkeit. Einzige Bedingung ist ein Wohnsitz in Deutschland oder der gewöhnliche Aufenthalt (zum Beispiel im Internat, in dem keine eigene Haushaltsführung möglich ist). Dabei unterscheidet das Steuerrecht nicht zwischen Nebenwohnung oder Hauptwohnung.

Wann greift die Steuerpflicht?

Steuerpflicht heißt jedoch nicht automatisch, dass eine Steuererklärung einzureichen ist und eventuell auch Steuern zu zahlen sind. Diese Pflicht besteht gemäß § 56 EStDV (Einkommensteuer-Durchführungsverordnung) erst, wenn die Gesamtbetrag der Einkünfte den steuerlichen Grundfreibetrag (9000 Euro in 2018) übersteigt. Aber auch dann müssen im Normalfall noch keine Steuern gezahlt werden. Das ist erst der Fall, wenn nach Abzug verschiedener privat veranlasster Ausgaben wie Vorsorgeaufwendungen, das zu versteuernde Einkommen den Grundfreibetrag übersteigt.

Das heißt also, »normale« Studierende haben ein Einkommen unter 9000 Euro und zahlen damit keine Steuern. Diese Erkenntnis ist unter Studierenden durchaus bekannt, was soll also die Frage nach Steuern sparen?

Was sind typische Einnahmen von Studenten?

Die gesamte Berechnung beginnt zunächst mit den typischen Einnahmen von Studentinnen und Studenten. Kindergeld und elterliches Taschengeld sind steuerfrei. Leistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG) sind ebenfalls steuerfrei, da sie hauptsächlich der Finanzierung des Lebensunterhaltes dienen. Das gleiche gilt auch für ein Bildungsdarlehen, das zurückgezahlt werden muss. Eine geringfügige Beschäftigung (Minijob bis 450 Euro) kann vom Arbeitgeber pauschal mit 2 Prozent versteuert werden und ist damit für die Arbeitnehmer ebenfalls steuerfrei. Steuerpflichtig wären damit insbesondere eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung mit Lohnsteuerabzug oder eine nebenberuflich selbstständige Tätigkeit.

Entscheidender Unterschied: Erst- oder Zweitausbildung?

Bei den typischen Ausgaben von Studentinnen und Studenten für ihr Studium und deren steuerliche Relevanz ist die aktuelle Rechtslage etwas komplizierter und undurchsichtiger. Der Gesetzgeber unterscheidet zwischen einer Berufsausbildung im Sinne einer Erstausbildung und einer beruflichen Weiterbildung im Sinne einer Zweitausbildung. Nach § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG gehören zu den (privat veranlassten) Sonderausgaben die »Aufwendungen für die eigene Berufsausbildung bis zu 6000 Euro im Kalenderjahr«. Diese Aufwendungen können vom positiven Betrag der Einkünfte abgezogen werden. Wenn aber keine steuerpflichtigen Einnahmen vorliegen, sind auch die Einkünfte Null. Und da es im deutschen Steuerrecht kein negatives Einkommen gibt, wäre mathematisch gesehen: Null abzüglich maximal 6000 Euro = Null.

Die Aufwendungen für die eigene Berufsausbildung im Sinne einer Erstausbildung haben damit keinerlei steuerliche Relevanz. Es sei denn, die Studierenden hätten ausreichend hohe steuerpflichtige Einnahmen und damit positive Einkünfte oder es gibt einen Ehepartner, von dessen bzw. deren positiven Einkünfte im Rahmen der Ehegattenveranlagung die Aufwendungen abgezogen werden könnten.

Nach § 9 Abs. 6 EStG sind jedoch die Aufwendungen für eine Berufsausbildung oder für ein Studium »Werbungskosten, wenn der Steuerpflichtige zuvor bereits eine Erstausbildung (Berufsausbildung oder Studium) abgeschlossen hat oder wenn die Berufsausbildung oder das Studium im Rahmen eines Dienstverhältnisses stattfindet«.

In diesem Fall gilt eine andere Rechnung: Einnahmen abzüglich Werbungskosten = Einkünfte. Und diese können negativ sein. Bei einem Unternehmen würde man sagen, es hat Verluste gemacht. Das gleiche gilt hier auch: Die Studierenden haben in dem Jahr einen Verlust gemacht. Ein solcher Verlust bringt aber per se noch keine Steuerersparnis. Aber nach § 10 d Abs. 1 EStG sind »Negative Einkünfte, die bei der Ermittlung des Gesamtbetrags der Einkünfte nicht ausgeglichen werden, … vom Gesamtbetrag der Einkünfte des unmittelbar vorangegangenen Veranlagungszeitraums … abzuziehen (Verlustrücktrag)«. Und im Abs. 2 heißt es: »Nicht ausgeglichene negative Einkünfte, die nicht nach Absatz 1 abgezogen worden sind, sind in den folgenden Veranlagungszeiträumen … abzuziehen (Ver- lustvortrag).«

Steuerspareffekt kann auch erst nach Studium eintreten

Die Studierenden »sammeln« also während ihres Studiums Verluste, die dann bei entsprechenden steuerpflichtigen Einnahmen im Jahr (bzw. in den Jahren) nach dem Studium von diesen künftigen Einkünften steuermindernd abgezogen werden. Der Steuerspareffekt tritt dann auf Grund dieser Verlustvorträge erst nach dem Studium ein.

Die entscheidende Frage ist somit: Ist das Studium eine Erstausbildung und die Aufwendungen daher privat veranlasst oder ist es eine Zweitausbildung und die Aufwendungen sind im Sinne einer Weiterbildung beruflich veranlasst. Mehr zu den Abgrenzungskriterien und den steuerlich anzuerkennenden Aufwendungen für ein Studium im Teil 2 in der nächsten nd-ratgeber-Ausgabe am Mittwoch, dem 30. Mai 2018.

Der Autor Dr. Rolf Sukowski ist Dozent für Steuerrecht und Leiter einer Beratungsstelle in Berlin des Lohnsteuerhilfe für Arbeitnehmer e.V. - LStHV - Sitz Gladbeck.

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