Zensierte Menstruation

Eine Studentenzeitschrift widmete dem Thema ein Titelblatt – Die Universität ließ alle Ausgaben verschwinden

  • Barbara Barkhausen, Sydney
  • Lesedauer: 3 Min.

Ist die Regel ein Tabuthema? »Lass uns über meine Tage reden?«, den Spruch hört man wohl eher selten. Kaum eine Frau diskutiert gerne über ihre Menstruation. Doch nun hat das Studentenmagazin der renommierten neuseeländischen Otago Universität in Dunedin dem Thema eine ganze Ausgabe gewidmet. Auf dem Titel ist die Zeichnung einer geschlechtsneutralen Person mit gespreizten Beinen zu sehen, die blutend auf dem Badfußboden liegt. Im Inneren der Zeitschrift geht es dann um Menstruationsbeschwerden, persönliche Erlebnisse oder die hohen Kosten für Hygieneartikel in Neuseeland beispielsweise. Die Universität wollte davon jedoch nichts wissen.

In den vergangenen Jahren machten in Neuseeland immer wieder Nachrichten die Runde, dass Mädchen aus einkommensschwachen Familien Telefonbücher, Zeitungen und Lumpen benutzen mussten, um den Blutfluss während der Menstruation aufzufangen. Ein Schul- oder Universitätsbesuch ist für diese jungen Frauen in den Tagen ihrer Periode unmöglich.

Doch die Universität störte sich an der Berichterstattung, an der in ihren Augen viele »Anstoß« nehmen würden. In einer Nacht- und Nebelaktion sammelten Mitarbeiter am Montag die etwa 2000 Ausgaben des Magazins »Critic« auf dem Campus ein und ließen diese verschwinden. Die Macher der Zeitschrift konnten sich das Verschwinden ihres Mediums am nächsten Morgen zunächst nicht erklären und versuchten, die vermeintlichen Übeltäter über die Überwachungskameras der Universität ausfindig zu machen. Erst als die Universität den Fall mit einer Pressemitteilung aufklärte, wurden die Zusammenhänge klar.

Seitdem ist in Neuseeland eine Diskussion über Pressefreiheit entbrannt. Die Macher des Magazins nannten die Aktion eine Form der »Zensur«, die gegen all das gehe, für was die Universität stehe. 17 frühere Chefredakteure schrieben einen offenen Brief an die Universität, in dem sie betonten, dass Universitäten eine Umgebung sein sollten, »in der Wissen und Gedanken offen geteilt werden, wo Studenten und Dozenten gleichermaßen ihre Gedanken ausdrücken und Ideen diskutieren können«.

Auch prominente neuseeländische Journalisten stellen sich auf die Seite der Studenten. »Wenn die Universität das Magazin für anstößig hielt, hätten sie den Mut haben sollen, sich direkt zu beschweren, nicht zu versuchen, es still zu begraben«, schreibt Patrick Crewdson von dem neuseeländischen Online-Medium Stuff auf Twitter. Sämtliche neuseeländischen Medien berichteten letztendlich über die Zensur, obwohl auch von ihnen die meisten das Titelblatt entweder nur verpixelt oder abgeschnitten zeigten.

»Ich habe nie gewollt, dass dieses Bild für Frauen oder für jemanden, der aus seiner Vagina blutet, erniedrigend ist«, zitierte der Chefredakteur Joel MacManus die Illustratorin des Titelblattes in einem Meinungsstück für das Online-Medium The Spin Off: »Ich blute für etwa ein Drittel meines Lebens und es ist nicht glamourös«, sagte Saskia Rushton-Green. »Ich würde liebend gern in einer Welt leben, in der jemand ein wenig durch die Hosen blutet, jemand es ihm sagt, niemand sich darum kümmert, und diese Person losgeht und es aussortiert.« Doch so weit seien wir eben noch nicht.

Nachdem die Zensur inzwischen sogar internationale Schlagzeilen gemacht hat, hat sich die Universität entschuldigt und die Aktion als »Fehler« bezeichnet. Die Macher der Zeitschrift schrieben am Mittwoch auf Twitter, sie hätten die Entschuldigung angenommen. »Wir haben der Universität vorgeschlagen, dass eine Spende kostenloser Hygieneprodukte für Studenten ein positives Ergebnis wäre, um weiterzumachen.«

Die Menstruations-Ausgabe im Internet: www.critic.co.nz/issuu-archives/issuu/214/

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